14 geheftet, seine Brust rang nach Atem! „Gefängnis!“ rief er endlich. „Nein, nein, das kann nicht sein! Ich will jede Summe bezahlen, nur dies nicht! Diese Schande würde ich nie überwinden!“ „Das hättet Ihr früher bedenken sollen“, entgegnete der Richter. „Die Strafe trifft Euch nicht unverdient. Durch Euren starren Sinn habt Ihr Euer Lebensglück vernichtet, habt Euren Sohn von Euch gestoßen und lebt fast mit dem ganzen Dorf in Feindschaft. Eure Freunde haben Euch vergebens ge¬ beten, daß Ihr Euch fügen möget, Ihr habt es nicht gewollt. In dem Gefängnis werdet Ihr nun Zeit haben, Euch zu ge¬ tehen, wie töricht Ihr gehandelt habt!“ Die große Gestalt des Bauexn stand regungslos da, mit der Rechten fuhr er langsam über die Stirne hin. Er sollte in das Gefängnis, er sollte diese Schmach über sich ergehen lassen, seine Feinde sollten über ihn triumphieren? Dieser Gedanke trieb ihn fast zum Wahnsinn. Er glaubte schon die spöttisch lachenden Gesichter seiner Feinde zu sehen, zu ehen, wie sie mit Fingern auf ihn zeigten es konnte und durfte nicht sein! Noch einmal bat er den Richter, das Urteil zu mildern und ihn zu einer Geld¬ buße zu verurteilen. „Ich kann es nicht ertragen! Das Ge¬ fängnis würde mein Tod sein!“ rief er. Als der Richterunerbittlich blieb, türzte er wie ein Verzweiflungsvoller aus dem Zimmer und dem Gerichtsge¬ bäude. Alle Menschen, welche ihm auf der Straße begegneten, mußten ihm an¬ sehen daß er zum Gefängnis verurteilt war! War er denn ein Verbrecher? Hastig eilte er durch die Straßen und verließ die Stadt. Finstere Gedanken schossen durch seinen Kopf hin. Welchen Wert hatte das Leben noch für ihn, und weshalb zögerte er, all der Qual durch einen entschlossenen Schritt ein Ende zu machen? Und doch wies er diesen Ge¬ danken von sich. Wenn er sich das Leben nahm, dann vermochte er seinen Feinden dann nicht mehr entgegenzutreten konnten sie ihren Willen durchsetzen! Der Trotz regte sich wieder in ihm und trieb ihn an, zu leben. In einem am Wege stehenden Wirts¬ hause kehrte er ein. Seine Kräfte waren erschöpft, die Last, welche auf ihm lag, drückte ihn nieder. Er sann auf einen Rettungsweg, allein seine Gedanken drehten sich wie im Kreise, und immer und immer wieder rief es in ihm: „Ge¬ ängnis! Gefängnis!“ Hastig trank er mehrere Glas Brannt¬ wein und seine Brust wurde leichter. Der Mut keimte in derselben wieder auf, er wollte seinen Feinden Trotz bieten bis zum letzten Augenblick. Immer mehr trank er, und je mäßiger er zu leben ge¬ wöhnt war, um so schneller stieg ihm der Branntwein zu Kopf. „Der Baum soll nicht fallen und sollte ich selbst darüber zugrunde gehen!“ rief er dem Wirte zu. „Noch bin ich kräftig genug, ihn zu verteidigen, und ich denke, sie werden es jetzt auch nicht mehr wagen, die Axt an ihn zu legen!“ Schwer berauscht kehrte er endlich heim. Er taumelte, als er durch das Dorf hinschritt, in seiner Aufregung sprach er halblaut zu sich selbst und fuhr mit der Hand durch die Luft hin. Die Bauern, welche ihm begegneten, blieben stehen und blickten ihm nach, er bemerkte es nicht, in seinem Kopfe lebte nur ein einziger Gedanke. So langte er vor seinem Hof an, Lüders kam die Straße herab, Kersten bemerkte ihn und wollte hastig auf den Hof treten. Sein Fuß strauchelte über eine hervorragende Wurzel der Linde und stolpernd fiel er nieder. Bewußtlos, regungslos blieb er liegen, sein Kopf war auf die scharfe Kante eines Steines ge¬ schlagen und blutete heftig. Lüders sprang ihm zu Hilfe und trug ihn mit einem herbeigeeilten Bauern in das Haus. Sie wuschen ihm die Wunde und legten kühlende Umschläge darauf, Kersten blieb indes regungslos und ohne Bewußtsein liegen, nur seine Brust holte schwer Atem. Sein Zustand schien sehr bedenklich. Lüders setzte sofort Heinrich in Kenntnis von dem Unfall und sandte
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