keine Gefahr vorhanden sei, empfahl in¬ des die größte Ruhe und sorgsamste Pflege. Die Erbitterung gegen Kersten war allgemein, und hätte man nicht Rücksicht auf Heinrich genommen so würde man noch nachträglich vor des Bauern Haus gerückt sein, um die Mißhandlung des Arbeiters zu sühnen. Der Schulze machte noch an demselben Tage von dem Ge¬ schehenen Anzeige bei dem Gerichte. an Heinrich litt unsagbar, jetzt war kein Nachgeben seines Vaters mehr zu für denken. Derselbe konnte der Strafe seine Tat nicht entgehen, ob sein eigen¬ sinniger und zugleich stolzer Charakter dieselbe ertrug? Der Blick in die Zukunft bot ihm nur eine trübe Aussicht. Er sprach an dem Abend des Tages mit Lüders darüber. „Du kannst es nicht ändern“, suchte dieser ihn zu beruhigen. „Dein Vater will auf keine vernünftigen Vorstellun¬ gen hören, sein starrer Kopf treibt ihn immer weiter und schließlich muß er sich ja doch fügen.“ „Er fügt sich nicht, sondern geht eher zugrunde“ warf Heinrich ein. „Dann kann ihn niemand retten“ sprach Lüders. „Sieh', er hat mich schroff zurückgewiesen, als ich ihm die Hand zum Versöhnung reichte, ich würde es zum zweiten Male tun, wenn er jetzt milder gesonnen wäre, sein Eigensinn und Haß hat ihn stets weiter und weiter getrieben wie es enden wird, vermag niemand ab¬ zusehen, allein nur ihn trifft die Schuld! Heinrich schwieg. Lüders hatte die Wahrheit gesprochen, was sollte er entgegnen. * * * Wochen waren vergangen, der von Kersten geschlagene Arbeiter hatte sich langsam erholt. Der Baum stand immer noch vor Kerstens Hof, und mit einem Gefühle der Genugtuung blickte dieser auf den alten Stamm, so oft er den Hof verließ. Er hatte denselben geschützt und war der festen Ueberzeugung, daß nie¬ 13 mand wagen werde, zum zweiten Male an denselben Hand zu legen. Da erhielt Kersten eine Vorladung vor Gericht. Er wußte, daß es der Bestrafung wegen der Mißhandlung des Arbeiters galt, allein mit leichtem Herzen trat er den Weg zur Stadt an. Er hoffte nicht, freigesprochen zu werden, war indes fest überzeugt, daß die Strafe in einer Geld¬ buße bestehen werde. Das Geld hatte wenig Wert mehr für ihn. Früher hatte er gespart und sich gemüht vom Morgen bis zum Abend, jetzt ging seine ganze Wirtschaft zurück, er sah es, es ließ ihn jedoch gleichgültig. So lange er lebte, reichte sein Hof aus, um ihn zu er¬ nähren, mehr verlangte er nicht, er hatte ja keinen Erben, denn Heinrich sah er nicht mehr als seinen Sohn an. In fester Haltung trat er vor den Richter hin. Er leugnete seine Tat nicht er gestand offen, daß es seine Absicht ge¬ zu wesen sei, jeden, der seinen Baum fällen versuchen werde, niederzuschlagen denn der Baum sei sein Eigentum und er halbe ein Recht, dasselbe zu verteidigen. Der Richter faßte die Sache anders auf. „Der Baum ist nicht mehr Euer Eigentum, denn er ist abgeschätzt und sein Wert Euch bezahlt“, entgegnete er. „Ich habe den Baum nicht verkauft und das Geld deshalb auch nicht ge¬ nommen“, warf Kersten ein. „Ueber mein Eigentum habe ich allein zu bestimmen. Vergebens wies der Richter ihn aus das Gesetz über die Wegbauten hin Kersten wurde nicht überzeugt, weil er sich nicht überzeugen lassen wollte. Mit dem Eigensinn eines Kindes hielt er seine Anschauung fest. „Ich würde es zum zweiten Male nicht anders machen“, sprach er halb trotzig. „Die Strafe, welche mich trifft, werde ich bezahlen.“ Als der Richter ihm indes verkündete, daß er wegen Mißhandlung zu vierzehn Tagen Gefängnis verurteilt sei, fuhr er erschreckt zurück, denn daran hatte er nicht gedacht, das nicht für möglich gehalten. Seine Augen waren starr auf den Richter
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