Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1909

10 Geschick fast seines ganze s war eng mit diesem Baume den, er hatte ihm seine Ruhe un denheit geopfert und sollte ihn j geben. Der vom Gericht bestel xator er¬ schien, um den Baum al ätzen, der Schulze und mehrere Bau begleiteten denselben. 44 „Schätzt den Baum so hoch als mög¬ lich ab“, sprach der Schulze zu dem Taxator, indem er ihn zur Seite zog. „Wir wollen gern einigeTaler mehr da¬ für bezahlen, als er wert ist, nur um Kersten zufriedenzustellen. Kersten blickte ruhig, während die Abschätzung vorgenommen wurde, zum Fenster hinaus, sein Gesicht verriet weder Neugierde noch Aufregung, er schien sich nicht im geringsten um das, was vor seinem Hof vorging, zu kümmern, ob¬ schon er es sah. „Dein Vater scheint sich doch in Ruhe in das zu fügen, was er nicht ändern kann“, sprach ein Bauer zu Heinrich, den die Besorgnis herbeigetrieben und der aus der Ferne zusah. Heinrich schüttelte den Kopf. „Er fügt sich nicht“ entgegnete er, da er seinen Vater zu genau kannte und wußte, daß diese Ruhe nur eine äußere war, daß sie der Stille glich, welche einem Gewitter voranzugehen pflegt. „Was will er tun?“ fuhr der Bauer fort. „Dem Gerichte muß er sich fügen.“ C „Ich weiß nicht, was er beginnen wird“ bemerkte Heinrich. „Ich würde indes viel darum geben, wenn dieser unglückliche Baum nie existiert hätte. Er hat bereits viel Unheil über uns gebracht und ich befürchte, daß dasselbe noch nicht beendet sein wird. Die Abschätzung war beendet, der Schulze ging in Kerstens Haus. Ruhig trat Kersten ihm entgegen. „Ich bringe Euch das Geld für den Baum“, sprach der Schulze und legte mehrere Taler auf den Tisch. „Ihr werdet Euch nicht beklagen können, daß der alte Stamm zu niedrig abge¬ schätzt ist.“ In Kerstens Gesicht veränderte sich kein Zug, nur seine buschigen Brauen waren etwas zusammengezogen. „Was soll ich mit dem Gelde?“ fragte er. „Ich habe Euch keinen Baum verkauft, steckt es wieder ein. „Kersten, seid endlich vernünftig", mahnte der Schulze. „Ihr wißt sehr gut, daß das Geld für den Baum vor Eurem Hofe ist —. es ist einmal nicht zu ändern nun fügt Euch.“ „Ich habe den Baum nicht verkauft und werde ihn auch nicht verkaufen“ sprach Kersten. „Was sollen Eure Worte? Kann mich jemand zwingen, mein Eigen¬ tum herzugeben?“ „Ja“, gab der Schulze zur Antwort. „Ein jeder von uns muß sein Eigentum hergeben, wenn es zu dem Bau eines Weges erforderlich ist. Das Gericht hat ohnehin gegen Euch entschieden Ihr müßt Euch fügen.“ □ „Ich muß mich fügen?“ wiederholte Kersten und richtete sich hoch auf, seine mit Mühe bewahrte Ruhe schien immer mehr zu schwinden. „Haha! Ich will den sehen, der mich zwingt. Noch bin ich Herr hier auf meinem Eigentum! „Kersten, fügt Euch!“ mahnte der Schulze noch einmal. „Morgen früh schicke ich Arbeiter, welche den Baum fällen!“ „Haha! Schickt sie!“ rief Kersten. „Ich wiederhole noch einmal, daß niemand ungestraft die Hand an mein Eigentum legen soll. Noch bin ich nicht zu schwach, um dasselbe zu verteidigen.“ Alle Vorstellungen des Schulzen, um den Eigensinnigen zum Nachgeben zu be¬ wegen, blieben erfolglos, sie reizten nur den Zorn desselben. „Genug!“ rief Kersten, ihn endlich unterbrechend. „Hier nehmt das Geld und verlaßt mein Haus — der Baum bleibt stehen und mit Euch habe ich nichts mehr zu reden.“ „Das Geld ist für den Baum —ich kann es nicht zurücknehmen“, gab der Schulze zur Antwort. „So mag es nehmen, wer will!“ fuhr Kersten aufgeregt fort, raffte das auf dem Tische liegende Geld zusammen und

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