106 Der Mensch gedieh aber nicht und auch nicht dessen Werke und lebte dahin, recht und schlecht, ohne irdisches Ziel für sich und ohne Zweck für seine Nachfahren, und die Erde war zwar nicht wüst und leer, brachte jetzt alles, was des Menschen Sinne und Herz begehrten, aber nicht zu dessen Wohlergehen, nicht zu seiner Be¬ haglichkeit, nicht zu dessen irdischer Freude, und keine Kraft und keine Lebenslust war in jenen, die Gott nach seinem Ebenbilde zu erschaffen vermeinte. Gott der Herr sah und wußte das wohl, denn seiner Allwissenheit konnte es nicht entgehen, daß der Mensch nicht nach Höherem strebte und die reichen Gaben der Erde nur zu einem jämmerlichen Fristen des irdischen Daseins benützte, anstatt nach des Schöpfers Wort zu handeln: „Sechs Tage in der Woche sollst du arbeiten, am siebenten Tage aber ruhen“, — der Mensch verstand nicht die Weisheit und Erhabenheit der Lehre, welche in diesen Worten seines Gottes liegt und welche den Urquell bilden für das Gedeihen des Menschengeschlechtes, denn sie enthalten die Anleitung hiezu, wie nur in Arbeit und Schaffen das Glück und Wohlergehen liegt für den einzelnen Menschen, und die Arbeit und das Schaffen jedes einzelnen wieder der Urquell des Schaf¬ fens und Wohlergehens seiner Nachfahren ist. Und so entschloß sich Gott der Herr endlich, selber einzugreifen, selbst her¬ niederzuschweben und wieder in Ordnung zu bringen zu Nutz und Frommen seiner Erdenschöpfung und dessen Bewohner, was der Mensch mit seinem freien Willen verdorben hatte oder unbeachtet und brach ließ. In jener Zeit also, wo Gott der Herr den Entschluß gefaßt hatte, dem kleinlichen Menschen durch sein Eingreifen Hilfe zu bringen und ihn sich und seinem Geschlechte, aber auch für das ihm verheißene Paradies zu retten, lebte da im Ge¬ birge an der Enns ein Bauer. Fern vom Getriebe der Welt hauste er hoch oben am Hange der „großen Dirn“!), wo sich die saf¬ tigen Wiesen vom Nadel¬ holze abgrenzen, dem wei¬ denden Viehe reiche Nah¬ rung bietend, und wo sich im Steingerölle eben noch so viel Ackerboden findet, um demselben in mühsamer Arbeit für den Bauer und dessen Gesinde die karge Nahrung abringen zu können. Es ist heute ein kerngesunder Menschen¬ schlag, welcher in dieser rauhen und doch so erhabenen und schönen Natur sich im anstrengenden und oft gefahrvollen Kampfe uim das Dasein hier durchringt, wetterhart wie der Stein des Berges auf dem er seßhaft ist, genügsam in seinen Ansprüchen an die Genüsse des Lebens, aber auch trotzig und unbändig wie die Natur, die ihn umgibt. Dieser Bauer nun war das Ebenbild eines Stammes, fleißig, schaffend, spar¬ sam, weltfremd, nur sich und den Seinen lebend, dabei gutmütig und hilfsbereit. Aber auch ihm verging mit den Jahren !) Bekannter Touristengipfel.
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