68 da wir unseren diesmaligen Bericht schließen, noch die Zügel der Regierung in den beiden Hälften unserer dualistischen Monarchie in Hän¬ den. Nur einzelne Personalveränderungen brachte das Berichtsjahr mit sich. So trat in Zisleitha¬ nien an Stelle des zum Reichskriegsminister er¬ nannten Landesverteidigungsministers Feldzeug¬ meisters Franz Schönaich der Kommandant des neunten Korps und kommandierende General in Josefstadt, Feldzeugmeister Julius Latscher v. Lauendorf am 28. Oktober 1906 als Landesverteidigungsminister in das Kabinett Beck ein; so mußte anfangs Februar 1907 eines der markantesten und prononziertesten Mitglieder des Kabinetts Wekerle=Kossuth, der Justizminister Geza Polonyi, dem Drucke der öffentlichen Minister des Aeußern Alois Meinung weichend, notgedrungen aus diesem Ministerium scheiden, um sein Portefeuille seinem Nachfolger Dr. Anton Günther zu übergeben. In Zisleithanien hatte das Ministerium Beck die Aufgabe übernommen, die Wahlreform durchzuführen, die Beilegung des deutsch¬ tschechischen Konflikts in Böhmen mit Ernst zu versuchen und insbesondere die Rechte und An¬ sprüche Zisleithaniens gegenüber Transleithanien mit Energie zu wahren. Seine letztgenannte Mission zu erfüllen, mußte sich das Ministerium Beck gegenüber seinem transleithanischen Part¬ ner freie Bahn zu neuen Verhandlungen über die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen, welche in Zukunft zwischen den beiden Staats¬ hälften der österreichisch=ungarischen Monarchie walten sollten, schaffen. Dementsprechend mußten die von den früheren zisleithanischen Ministerien mit den transleithanischen Kabinetten getroffe¬ nen, vom zisleithanischen Parlament noch nicht genehmigten Ausgleichsunterlagen einer neuer¬ lichen Revision unterzogen und neue Verein¬ barungen getroffen werden. So begann denn das Ministerium Beck seine parlamentarische Tätig¬ keit mit der Zurückziehung der von seinen Vor¬ gängern im Abgeordnetenhause eingebrachten übrigens in diesem Hause vollständig aussichts¬ losen Ausgleichsvorlage. Es war am 6. Juli 1906, als Ministerpräsident Freiherr von Beck in Beantwortung einer an ihn gerichteten das „mit den für die wirtschaftlichen Beziehun¬ gen beider Staatsgebiete geltenden gesetzlichen 10 Lera Freiherr v. Aehrenthal. Bestimmungen, mit dem bestehenden Reziprozi¬ tätsverhältnisse nicht im Einklang stehende“ Vorgehen der transleithanischen Regierung be¬ züglich des Handelsvertrages mit der Schweiz, betreffenden Interpellation unter dem rauschen¬ den Beifall des Hauses im österreichischen Ab¬ geordnetenhause folgende Erklärung abgab: „Jede Beeinträchtigung unseres Interesses muß vermieden werden. Zu diesem Zwecke und um keinen Zweifel darüber zu lassen, daß die Re¬ gierung sich im Hinblick auf die bevorstehenden Ausgleichsverhandlungen freie Hand wahrt, zieht die Regierung die dem hohen Hause noch vor¬ liegenden Gesetzentwürfe über den wirtschaft¬ lichen Ausgleich mit dem anderen Staatsgebiete hiemit zurück.“ — Damit war das letzte Hinder¬
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