Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1908

44 Es wurde nun in aller Stille eine An¬ fünf Tage später die Sylter Patrioten zahl kleiner Wattenschiffe herbeigeschafft, von der dänischen Regierung aus ihrer G. welche das neunte steirische Jäger¬ Haft entlassen. Ihre Ankunft auf der bataillon bestieg, um die Insel durch Insel war ein allgemeiner Fest= und einen Handstreich zu nehmen. Mit Hilfe Freudentag nicht nur für ihre Familien, des erfahrenen Andersen, den die schöne sondern für sämtliche Bewohner. Männer □ Inge begleitete, landeten die tapferen und Frauen, Greise und Kinder erwar¬ Schützen in Munkmarsch und auf Nässe, teten sie am Ufer, die österreichische Be¬ von wo sie, ohne auf Widerstandzu satzung, die Matrosen von der Flotte be¬ stoßen, nach Keitum marschierten. Es grüßten sie mit einem lauten Hurrah und stellte sich heraus, daß die dänischen Sol¬ alle entblößten ehrfurchtsvoll die Häupter, daten die Insel bereits geräumt hatten. als die würdigen Märtyrer unter dem Unbeschreiblich war der Jubel und die Donner der Geschütze und dem Schmet¬ Freude der Bewohner, welche die öster¬ tern der österreichischen Militärmusik das reichischen Truppen als ihre Befreier be¬ Land betraten. Die ganze Versammlung, grüßten und ihnen einen feierlichen Emp¬ an deren Spitze die befreiten Patrioten fang bereiteten. Die jungen Mädchen des schritten, zog nach der alten Kirche, wo Dorfes überreichten dem Hauptmann der neue deutsche Prediger einen Gottes¬ Blumenkränze und schmückten die Hüte dienst zur Feier des Friedens abhielt und der Jäger mit frischem Laub. Man die Gemeinde mit bewegtem Herzen das drängte sich um die schmucken Schützen herrliche Lied, gedichtet von dem Prediger und bewirtete sie mit dem Besten, was Martin Rinckart zu Eilenburg in Küche und Keller hergaben. Abends wurde Preußisch=Sachsen, anstimmte: „Nun 0 in der Halle zu Ehren der Gäste ein fröh¬ danket alle Gott!“ 2c. liches Fest gegeben, wobei die Söhne der Noch an demselben Abend erhielt Inge Alpen in ihren kleidsamen Waffenröcken aus der Hand ihres Vaters den Lohn sich lustig mit den schönen Töchtern der ihrer Liebe, indem der sonst so strenge Inseln im Kreise drehten und dazu ihre Kapitän die Verdienste des wackeren „Schnadahüpfel“ sangen. Lorensen anerkannte und seine Einwilli¬ Am 19. Juli, um 7 Uhr abends, wurde gung zu ihrer Verbindung mit dem der gefürchtete Kapitän Hammer ge¬ Obersteuermann gab, unter der Bedin¬ zwungen, sich mit zweihundert Mann den gung, daß derselbe nach dem Frieden Deutschen zu ergeben, worauf er nach seinen Abschied nehmen und auf Sylt einer preußischen Festung gebracht wurde. wohnen sollte, was dieser auch versprach, Unterdessen war die schöne Inge zu obgleich er nur mit schwerem Herzen die ihrer Mutter zurückgekehrt und erzählte preußische Marine verließ und seine ihre Abenteuer und die überstandenen ehrenvolle Stellung aufgab. Gefahren, wobei sie des geliebten Lo¬ rensen gedachte und die gute Frau mit Da sich der Kapitän nach Ruhe sehnte, ihren Bitten und Tränen solange be¬ so trat Lorensen an seine Stelle und stürmte, bis diese ihr das Versprechen übernahm die Führung des neuen gab, bei dem Vater, wenn dieser zurück¬ Schiffes, welches an demselben Tage, wo kehren würde, ein gutes Wort für die er mit der schönen Inge in der Kirche Liebenden einzulegen. zu Keitum getraut wurde, vom Stapel Am 1. August 1864 wurden die lief und den glückverheißenden Namen Friedenspräliminarien geschlossen, und erhielt: „Die Retterin von Sylt.“ 9

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