Die Retterin von Sylt. Historische Erzählung nach der Chronik von Westerland. (Nachdruck verboten.) scheinen und den glücklichen Sonntags¬ 1. In höchster Not. kindern ihre goldenen Schätze zeigen. S ist ein wunderbares Stück K Das herrlichste Schauspiel bietet aber Erde, die Insel Sylt, mit 2 S das erhabene Meer, welches um die Insel ihrer braunen Heide, dem 1 rauscht, am erhabensten, wenn der Sturm weißen Strand und dem die See in ihren Tiefen aufregt. Gleich grünen Meer voll Poesie und reich an trunkenen Bacchantinnen rasen die Wellen alten Sagen und Geschichten. Meilenweit in ihren fliegenden weißen Gewändern zieht sich um das Eiland ein Dünenge¬ hoch am Strand empor und der kochende birge mit unbekannten Tälern und ver¬ Schaum spritzt nicht selten hoch über die borgenen Schluchten, in denen einst die ent¬ Dünen. Jahr für Jahr reißt diebische Strandläufer und verwegene fesselte Flut Stücke des Ufers fort und Seeräuber hausten. In dunklen, wilden dringt immer weiter vor mit Vernich¬ Herbstnächten, wenn der pfeifende Sturm tung drohend. Trotzdem lieben die Be¬ die verlorenen Schiffe an die Küste trieb sie wohner ihre wilde Heimat, zu der lauerten dort die unheimlichen Gesellen sie immer wieder zurückkehren nachdem auf die strandenden Güter und bemäch¬ als gesuchte Seefahrer die schönsten Län¬ tigten sich der willkommenen Beute. Man¬ der der Welt gesehen. Ihr Herz hängt cher arme Schiffbrüchige, der ihnen die an der einsamen Insel wie an dem deut¬ Hand flehend entgegenstreckte, wurde von schen Vaterland, und selbst die dänische den gefährlichen Dieben in das tobende Gewaltherrschaft vermochte nicht den Meer zurückgestoßen, oder an dem retten¬ treuen Sinn und den festen Trotz der den Ufer mit einem Schlage getötet und zähen Friesen zu beugen. beraubt. Während des Krieges im Jahre 1864 Stundenlang kann man in diesem durch das mürbe Eis des Wattenmeeres Dünengebirge umherirren, ohne einem und die Kriegsflottille des berüchtigten menschlichen Wesen zu begegnen, ohne — dänischen Schiffskapitäns Hammer rings einen Laut zu hören außer dem ein¬ eingeschlossen, drang trotzdem das Ge¬ tönigen Schrei der Silbermöve und dem rücht von den Siegen ihrer Brüder zu Rauschen der Brandung. Nicht minder den Bewohnern der Insel Sylt. Der interessant ist eine Wanderung über die Jubel und die Aufregung war unbe¬ braune Heide mit ihren zerstreuten Dör¬ chreiblich und von allen Seiten wurde fern, von denen einzelne, wie das unglück¬ der Wunsch auch hier laut, sich von der liche Rantum, vom Flugsand halb be¬ verhaßten Dänenherrschaft zu befreien. graben, dem Untergang geweiht sind. Eine Adresse mit dreihundert Unter¬ Einsam ragen aus der öden Fläche selt¬ schriften ging an den damaligen Herzog sam geformte Hügel hervor, die Gräber Friedrich von Augustenburg nach Kiel ab, eines untergegangenen Volkes, in denen den die Sylter wie das ganze übrige man Knochen von Menschen und Tieren, Schleswig=Holstein für ihren angestamm¬ Urnen und Waffen aus der Stein= und ten Fürsten hielten. Zwei alte Schiffs¬ Bronzeperiode findet. Unter diesen kapitäne, der wackere Kornelius Bleiken Hügeln, auf denen jetzt die Schafe und aus Keitum und der kühne Haulk Bohn Kühe der Insulaner weiden, ruhen die Prott aus Westerland, übernahmen es, alten Nordlandkämpen, die Helden der mit Gefahr ihres eigenen Lebens die An¬ Sage, um diese irren die Geister der erkennung der treuen deutsch gesinnten Recken, welche dem einsamen Hirten er¬ 3
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2