22 Damenhände dort drüben geeignet, aber nicht für seine kräftige Faust, zumal die Strömung im Flusse eine starke war und die Ueberfahrt sich gar nicht so spielend machte, wie sich's vorhin mit angesehen. Trotzdem teilte der junge Mann die Wellen mit großer Sicherheit und er¬ reichte das gegenüberliegende Ufer; aber gerade, als er ans Land springen wollte trat er zu kräftig auf die eine Seite des Kahnes nieder — derselbe schlug um und er fiel ins Wasser. Im nächsten Augen¬ blick stand er wohl wieder auf den Füßen, triefte aber nicht weniger wie Pluto. „Es tut mir sehr leid, begann das junge Mädchen, augenscheinlich mit nicht geringer Mühe ihre Lachlust unter¬ drückend, „ich fürchte, Sie sind recht naß geworden, mein Herr —“ aber, als würde sie sich jetzt erst bewußt, einem ihr vollständig Fremden gegenüberzustehen, vollendete sie unter einem leichten Anfluge von Verlegenheit dieses Bedauern mit den zögernden Worten: „Wollen Sie nicht mit ins Pfarrhaus kommen? Pluto hatte während dieser Zeit das Bootstau aufgesucht und stand wartend daneben. Seine Herrin nahm es ihm ab und der Rittmeister befestigte es am Baume, brachte stillschweigend das Boot in Ordnung, folgte der jungen Dame so¬ dann nach dem kleinen Pastorhause, das nahe der Kirche, halb versteckt in der dich¬ testen Blütenwildnis, freundlich auf¬ „ — tauchte. Sie offnete die Tür und ein * Madchen in der schmucken Tracht ihrer Berge erschien, mit dem sie ein kurzes Gespräch in dem ihm unverständlichen Dialekt der Gegend führte, den sie mit Gewandtheit zu handhaben schien. „Also des Pfarrers rosiges Töchter¬ lein,“ sagte der Rittmeister, „was für ein reizendes, kleines Geschöpf, das lieblichste 7 Dornröschen aus dem Märchen „Wollen Sie nicht eintreten“ fragte die junge Dame, sich nach ihm umwendend, indem sie eine Tür in dem engen Haus¬ flur öffnete, durch den sie noch immer dahin schritten. Er folgte ihr schnell und sie betraten ein kleines Gemach, das sehr behaglich und heimlich eingerichtet war und nach den verschiedenen Pfeifentischchen und Bücherregalen zu urteilen, unzweifel¬ haft das Studierzimmer des Hausherrn vorstellte. „Ich möchte nicht gern stören, begann der Rittmeister zögernd, indem sein Auge an seinen ganz durchnäßten Kleidern niederglitt, „wenn Sie er¬ lauben, ich werde es doch vorziehen, wieder nach dem Gasthause zurückzu¬ kehren. „Der Pastor ist leider krank, sonst würde er Ihnen selbst mit jeder Bequem¬ lichkeit dienen“, sagte die junge Dame ruhig. „Wenn Sie umzukehren wünschen, mein Herr — doch glaube ich, daß es besser wäre, Sie versuchten schon hier sich trocken zu machen — ich werde Ihnen sogleich jemand schicken. Darauf verschwand sie und sehr bald darauf erschien das Dienstmädchen mit einer Anzahl von Kleidungsstücken und einer Flasche Frühstücksweines, densie dem Herrn vorsetzte. Er hatte sich aber überlegt, daß es in der Tat das beste wäre, so schnell als möglich ins Gast¬ haus zurückzukehren, und blieb nur einen Augenblick noch, um ein Glas von dem wohltätig erwärmenden Getränk zu sich zu nehmen. Als er aus dem Hause trat, lag Pluto draußen im Grase und trock¬ nete sein schwarzzottiges Fell in der Sonne, von seiner Herrin war weit und breit nichts zu sehen. Da der Hund mi߬ trauisch knurrte, und er sich zudem be¬ wußt war, in seinem augenblicklichen Toilettenzustande nichts weniger wie eine besondere Figur zu machen, wollte er sich eben entfernen, als rasche, knisternde Tritte auf dem Kieswege hörbar wurden und er, sich gespannt nach ihnen um¬ wendend, der jungen Dame gegenüber¬ stand. „Ich soll fragen, ob Sie denn nichts zu essen wünschen. Es tut dem Pastor o leid, ungastlich zu erscheinen, aber er ist wirklich recht unwohl. Bitte, kommen Sie zurück; ich werde sogleich ein Früh¬ „ stuck besorgen.“ „Vielleicht sind Sie so gnädig, dem Herrn Pastor meinen Dank auszudrücken,
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