Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1908

Jenkins lachte. „Vertrauen um Vertrauen. Ich werde mitnehmen, was nicht niet= und nagel¬ fest ist und auch auf Reisen gehen. Frei¬ lich muß ich für den Jungen sorgen. Samuel Sam, wo steckst du?“ Eine dünne Stimme antwortete. Sie kam aus einem leeren Mehlfaß, aus dem jetzt eine zwergartige, verwachsene Gestalt auftauchte. „Da, da bin ich und habe eure feinen Pläne mit angehört.“ „Kein Geheimnis“ brummte Jenkins. „Na, aber eine Dummheit“ gab der Junge zur Antwort. „Sieh mal, Papp, ihr braucht Geld, Starbottle will trin¬ ken, du willst ruhig leben und ich will in Büchern lernen und was Ordentliches werden. „Du“, lachte Starbottle. „Ja, ich, obgleich ich gewachsen bin wie ein Banjo. Das Geld will ich euch verschaffen denn ich habe den geschei¬ testen Kopf im ganzen Land. Hört zu!“ Mit einem geschickten Satz sprang er auf den Ladentisch, winkte die beiden zu Männer nahe heran und begann sprechen. Vierzehn Tage später konnte, wer Lust hatte, sich damit aufzuhalten, Mr. Star¬ bottle erschrecklich fluchen hören. Es hielt sich aber niemand damit auf, denn fluchen konnte man in der Ansiedlung öfter hören. Der Farmer stand reise¬ fertig im Hof neben seinem Gaul, der ebenso ärgerlich schien wie sein Herr. Er schnupperte wenigstens mißmutig über dem Wasserkübel, aus dem er ge¬ tränkt werden sollte und verriet die ent¬ schiedenste Abneigung, seinen Inhalt zu ich zu nehmen. Man konnte es dem Gaul nicht verdenken, denn eine in allen Regenbogenfarben schillernde ölige Schicht lag auf dem Wasser und ein starker Ge¬ ruch stieg daraus hervor. Kopfschüttelnd besah sich Starbottle den Befund, hielt den Kübel bald in die Sonne, bald be¬ roch er ihn, bis er endlich durch sein eigentümliches Gebahren die Aufmerk¬ samkeit einiger im Sonnenschein umher¬ liegender Bürger erregte, die er durch sein Fluchen nicht erzielt hatte. 15 Man trat auf ihn zu und stellte an ihn die Frage, ob ihn der Abschieds¬ chmerz verrückt gemacht habe. Statt aller Antwort hielt er ihnen das Corpus delicti unter die Nase. Große Verwun¬ derung auf der anderen Seite. „Woher?“ Er wies auf den Brunnen. Sofort stürzten einige hin und setzten den Schwengel in Bewegung. Was herauf¬ kam, sah ebenso aus, wie das Zeug im Kübel. Der Sheriff, der unter den Ex¬ perten war, wandte sich an die Um¬ stehenden. „Freunde, ich schätze, daß unser Mit¬ bürger Starbottle eben im Begriff war, die wahnsinnigste Dummheit seines Lebens zu begehen, als er diesen geseg¬ Denn so neten Ort verlassen wollte. wahr ich über zwei Fuß hoch bin, dies ist hier Petroleum. In der Tat, das war es. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht im Ort und in der Umgegend. Das „Wöchentliche Erdbeben“ veranstaltete eine Extraausgabe und sagte voraus, daß die neue Quelle binnen kurzem eine tägliche Produktion von 5000 Faß auf¬ weisen würde. Zugleich erhöhte es im Hinblick auf das zukünftige Prosperie¬ ren der Stadt den Abonnementspreis in und schaffte die Vergünstigung, ihn Es Naturalien zahlen zu dürfen, ab. ich dauerte nicht lange und es fanden gab Spekulanten ein. Der Brunnen Nähe immer noch Petroleum. In der ein. mußte ein bedeutendes Reservoir vor Man schlug Starbottle und Jenkins Bohrungen auf ihrem Terrain veranstal¬ sich. ten zu lassen, aber sie weigerten Jenkins erklärte, er wolle von dem gan¬ zen Oelschwindel nichts wissen und Star¬ bottle sagte, er würde bohren lassen, wenn ihm der Brunnen genug Petroleum geliefert hätte. Und er gab noch immer Petroleum her; schon standen eine An¬ zahl Fässer gefüllt auf dem Hofe und Jenkins, der eine Menge Petroleum im Keller hatte, konnte seines nicht verkau¬ en, weil Starbottle billiger war. Natür¬ lich führte das zu Zwistigkeiten, und

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