laubnis, die Kirche besuchen zu dürfen. Die Bitte ließ sich nicht wohl abschlagen aber Kathrinens Miene ward nur noch mürrischer, da sie notgedrungen ihre Einwilligung gab und sich somit unter die für die Verpflichtung gestellt sah, selbst orgen. Bereitung des Mittagessens zu Von Festtagsfreude war heute sehr wenig zu spüren im Nettelmeier'schen Hause und Tönjes, der solche Stimmungen sehr wohl kannte, hielt es für das Geratenste, sich in Sicherheit zu bringen und, da heute keine Arbeit von ihm verlangt ward, sich bis zur Mittagszeit nicht wieder in der Umgebung des Hauses blicken zu lassen Desto voller schien der Sabbatfriede zu ruhen auf einem kleinen, ärmlichen Häuschen mit tief herabhängendem, moosbewachsenen Strohdach, welches in einiger Entfernung im Dorfe, gleichsam mitten in die Heide hineingebettet war. An seiner Rückseite breitete sich ein be¬ scheidenes Gärtchen mit einigen Gemüse¬ beeten aus. Unmittelbar am Hause aber war ein Raum gelassen für einige schmale Blumenrabatten, auf denen Akelei, Gold¬ lack, Päonien und weiße Sternblumen blühten. Auf der Bank in der Flieder¬ laube, von der aus man den Fußweg nach dem Dorfe übersehen konnte, saß der alte Imker oder Bienenvater Jan Jentzen, zog dicke Wolken von Tabaksrauch aus seinem großen Maserkopf und blickte vergnügt auf die Bienen, welche unab¬ lässig von dem „Immenstand“, einem etwas seitwärts vom Hause errichteten offenen Schuppen und den leise vom Windhauch geschaukelten Blüthen hin¬ und herflogen. Aus der Hintertür des Häuschens trat jetzt die kräftige, schlanke Gestalt eines jungen Mannes; hemd¬ ärmelig, ein Halstuch lose um den Hals geschlungen, schlenderte er nun behaglich durch die schmalen Pfade, auf denen der hellglänzende Sonnenschein lag, und setzte sich dann mit freundlichem Kopfnicken zu dem alten Manne auf die Bank. „Der Doktor meint also, du könntest reisen?“ fragte dieser, offenbar aus einem Gedankengange heraus, den der Anblick des jungen Mannes in ihm erregte. 3 „Ja, Vater!“ entgegnete der letztere den Aermel am linken Handgelenk zurück¬ schlagend, so daß eine ziemlich tiefe Narbe sichtbar ward. „Sieh, es ist auch alles so gut geheilt, wie man's nur wünschen kann. „Wenn's nur nicht wieder aufbricht! meinte der Vater bedenklich. „Das glaubt der Doktor nicht. Er sagt, ich wäre von Grund aus zu gesund, als daß so etwas zu fürchten wäre. „Es war doch ein rechtes Malheur, dast du in die Sense fallen mußtest!“ hob der Vater kopfschüttelnd wieder an. „Es hätte noch viel schlimmer werden können,“ tröstete der Sohn; „denk' nur wenn mein Arm lahm geworden wäre Nun ist ja gottlob alles gut gegangen und ich kann ebenso frisch wieder ar¬ beiten wie sonst. Die anderen Hollands¬ gänger haben nur vier Wochen Vorsprung es müßte wunderlich mit ihrer Arbeit — zugehen, wenn ich diese Zeit nicht noch wieder einbringen sollte!“ „Streng' dich nicht zu sehr an, Fritz!“ warnte der alte Mann besorglich. „Sieh, was hättest du davon, wenn du dich über¬ arbeitest und krank würdest? Und glaub mir nur, du hast es jetzt auch gar nicht mehr nötig, dich so sehr ums Geldver¬ dienen abzumühen. „Bedenk', Vater, es ist vorläufig das letztemal, daß ich den Hollandsgang machen kann,“ erinnerte Fritz. „Im Herbst muß ich ja beim Militär eintreten und drei Jahre lang die Muskette schleppen.“ „Ja, das ist wohl wahr, aber seit wir unseren Heinrich begraben mußten, brauchen Mutter und ich ja viel weniger zum Leben, und wenn mich nicht alles trügt, so haben wir heuer ein Bienenjahr wie mir's vielleicht noch nie zu teil ge¬ worden ist. So viele Schwärme, wie dies¬ mal, haben mir die Stöcke in langen, lan¬ gen Jahren nicht geliefert, und so eifrig wie bei diesem anhaltend schönen Wetter hab' ich die Immen niemals bauen sehen. Wenn das so fortgeht, kann ich im Herbst mindestens meine siebzig bis achtzig „ Taler fur Wachs und Honig lösen, un¬ 1*
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