bewehrt mit scharfem Schwert, hätte mir bald den Garaus gemacht, ich fiel vom Pferde und wurde bewußtlos, erinnerst du dich nicht mehr daran? „Nein“, gab der Avare finster blickend zur Antwort, „ich habe einigen von euch ins Jenseits geholfen! An den Kamp in Todicha erinnere ich mich aber noch recht gut, auch daran, daß ich einen eurer Führer besiegt habe, und ich bin stolz darauf — nun du es bist, den mein Schwert so arg getroffen, magst du dich jetzt dafür rächen — ich bin in deiner Gewalt! Und er ließ die linke Hand, die er bis jetzt am Knaufe des kurzen Schwertes gehalten, das er von Rupprecht nicht lange vorher bekommen hatte, sinken, wie um anzudeuten, daß er sich in sein Schicksal ergebe. Graf Werinhar aber stieß eine rauhe Lache hervor, pustete dazu ein wenig im Hustenreiz und diesen bezwingend, meinte er mit der Hand ab¬ wehrend: „Was fällt dir ein, Freund Zauch? Ich bin ein Christ und ein Franke und Rache drum nicht meine Art! Wofür auch sich rächen? Du hast mich in ehr¬ lichem Kampfe niedergehauen und konntest mich Wehrlosen töten. Daß du es nicht tatest, beweist mir deine edle Abkunft nur Schufte töten hilflose Verwundete In deiner Handlungsweise gegen mich erkenne ich den wahren Krieger, den echten Mann, darin sind wir uns gleich und wenn wir uns dereinst, was Gott ver¬ —Werinhars Stimme hüten wolle“ wurde jetzt gar mächtig und fest „wieder gegenüber stehen sollten, Aug' in wir Aug', Zahn um Zahn, so werden dich genau so handeln, du mich oder ich so? besiegen, aber nicht morden, ist es Gewiß“, erwiderte der Avare nicht unfreundlich in Blick und Ton, „daß ich dich besiegte, war nicht mein Verdienst und nicht deine Schwachheit es war des höheren Wille, wir bleiben ehrliche Feinde, Graf Werinhar Der aber nickte jetzt mit vieldeutigem Lächeln dem Avaren zu: „Die Sache ist abgetan, noch sind 107 wir Feinde, ich, der mächtigere, du, mein Geisel. Ich wünsche es aber, daß ein so wackerer Streiter, wie du einer bist, mein Freund wird, mir nicht nur ebenbürtig in der Abkunft, sondern auch in der Stellung — du hast eine runde, kleine Narbe am Kinn, wie ich sehe, woher stammt sie? Jetzt war es an dem Avaren, über¬ rascht zu sein, auf diese Frage konnte er nicht gefaßt sein, aber noch ehe er ant¬ worten konnte, setzte der Grenzgraf er¬ klärend seiner Frage die Worte hinzu „Nicht Neugierde treibt mich zu fragen, ich bin ein Mann! Antworte mir ehrlich der Franken und der Avaren Wohl und Wehe kann von deinem Antworten ab¬ hängen —nun? „Auch ich bin ein Mann und kenne keine Neugier“ erwiderte der Avare ruhig „obwohl ich, als Geisel ganz in deinen Hand, das Recht hätte so vorsichtig zu sein, keine Fragen zu beantworten: Nun denn: Meine Amme stolperte einst am —ich Lagerfeuer und warf mich hin verbrannte nur das Kinn tüchtiger mir als sonstiges, daher die Narbe!“ „Man hatte deiner Amme zu viel Kumis*) zu trinken gegeben, daher sie wackelnd auf den Beinen war zu dieser Zeit“ scherzte Graf Werinhar, „was tat 17 dein Vater hierauf? „Mein Vater Drongo war damals nicht im Lager anwesend“, erklärte der Avare, „aber meines Vaters Bruder Wulger ließ dieses berauschte Weib binden und ins Feuer werfen dafür, daß ihre Trunksucht eines Fürsten Sohn in Lebensgefahr brachte!“ „Ganz eure Art, wohl bekomm dem Teufel der avarische Ammelbraten“, lachte Graf Werinhar rauh auf, nahm das kleine Päckchen, so er von den Gesandten erhalten hatte, entfernte die Leinenum¬ hüllen und entnahm daraus etwas halb¬ rundes, fingerdickes, golden glänzendes, besah es genau, hielt es dem Avaren hin und fragte kurz: „Kannst du das hier ergänzen? Hastig griff der Avare nach dem *) Stutenmilch, angegohren berauscht dieselbe.
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