sein, denn Graf Werinhar selber war es, der nach dem Abendbrot, als sie beim Apfelmost plaudernd saßen, dem auf¬ horchenden Pipin erzählte, Kaiser Karl habe vor einigen Wochen zu Aachen*) alles Land hier von der Enns hinab nach Posonium**) an zwei Chane der Avaren verliehen, die es gemeinschaftlich beherrschen sollten. Der eine dieser Fürsten, der in Lorch residiere, habe bereits Nach¬ richt hievon erhalten, der zweite nun¬ mehrige Herrscher wäre aber bisher nicht aufzufinden gewesen. Derselbe sei vor einigen Jahren als Geisel in eine fränkische Ansiedelung gegeben worden, im raschen Wechsel der Zeiten und Menschen aber verschollen und bis jetzt unauffindbar geblieben, und seine, des Grafen, avarische Begleitung habe die Aufgabe, diesen ihren zweiten Fürsten in den Siedelungen zu suchen „Unser erhabener Kaiser hat mir aus¬ drücklich befohlen, die avarische Gesandt¬ schaft selber durch meinen Gau zu geleiten und so sind wir nun hier“, schloß Gra Werinhar seine Mitteilungen, „habt ihr nicht auch einen Avaren hier Pipin? Er kann zu den Seinen heimkehren, der Kaiser stellt alle Geiseln nun wieder zurück!“ „Ja, ein junger avarischer Mann ist hier“, sagte der erstaunt aufhorchende Pipin jetzt in der Sprache der Avaren die er vollkommen beherrschte, und beeilte sich hinzuzufügen, was er über den Avaren wußte „Dem scheint es bei euch so gut zu gehen und zu gefallen, daß er ein Franke geworden ist“ meinte einer aus der Ge¬ andtschaft jetzt mit bitterem Spotte, „sonst wäre er gekommen, uns zu begrüßen, wie es seine Pflicht ist. Wie heißt der Avare, der nicht weiß, was sich für ihn geziemt zu tun, Männern seines Volkes gegen¬ 7 über? „Er nennt sich Zauch“ sagte Pipin „ob dies sein wirklicher Name ist, weiß ich nicht, doch behauptet er, ein Prinz zu sein, und hält sich ansonst abseits von *) Im Jahre 811 n. Chr. **) Preßburg. 105 uns Knechten, wie er uns zu nennen beliebt. Die Wirkung dieser wenigen Worte auf die fünf Avaren war eine den Grafen Werinhar und Pipin verblüffende. Es gab den fremden Männern einen förmlichen „Riß“, als sie den Namen „Zauch“ hörten und sie sahen sich blitzartig und verständnisvoll an, dann aber riefen sie alle zugleich durcheinander: „Wie sagtest du, daß der Avare heißt? Zauch? Wie alt ist er? groß? klein? hat er eine kleine, runde Narbe am Kinn? So riefen die Avaren sehr lebhaft, einer erhob sich und Pipin am Aermel fassend, sagte er: „Wo, wo ist der, der sich Zauch 7 nennt? „Führ' uns zu ihm“, rief ein anderer, „oder bringe ihn her zu uns! „Halt“, gebot der dem Grafen Werinhau rechts zunächst sitzende Avare, „hört ich habe allein zu reden!“ Augenblicklich trat Stille ein und die Avaren setzten sich wieder um den Tisch und sahen fragend ihren Führer an. Der aber sagte nun, mit Würde sich zu Graf Werinhar wendend: „Weiser Diener deines mächtigen Kaisers, du siehst uns in großer Auf¬ regung, begreiflich nur, wenn ich dir sage daß wir in diesem Avaren hier in eurem Lager wohl jenen vermuten können, der unser Chan sein soll!“ „Der Name Zauch ist nicht selten, aber möglich, daß er es ist“ meinte Graf Werinhar trocken, „mir käme das sehr gelegen, ich könnt' gen Passau weiter dann Der Avare nickte. „Wohl“, sagte er lächelnd, „ist der Avare der Zauch, den wir suchen, wärst du unser ledig, Graf Werinhar, aber So laßt ihn doch holen oder geht zu ihm“, meinte der Graf, „ist das doch sehr einfach.“ „Nicht so einfach, wie du denkst, Gras Werinhar“ erklärte der Avare mit be¬ denklichem Kopfschütteln, ist er nicht der den wir suchen, tun wir ihm zu viel
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