schimmerte es über sein Antlitz hin, als er kurz und bündig sagte: „Auch bei uns Avaren gibt keiner seine Waffe einem Wegelagerer, sei un¬ besorgt, ich werde deine Güte nicht mi߬ brauchen, ich danke dir! Er reichte Rupprecht die Hand, schüttelte dessen Rechte kräftig, nickte Reta wohl¬ wollend zu und eilte hinauf zum Turm Sie sahen ihm mit recht gemischten Ge¬ fühlen nach „Das hättest du nicht tun sollen, Rupprecht“ sagte endlich der Spötter von vorhin, „einem Avaren gib ich meine Waffe nicht!“ „Ein einzelner Mann wird uns nicht sehr gefährlich werden“, meinte Rupprecht etwas spöttisch. „Nicht so“, sagte der Ansiedler, „er ent¬ hat jetzt eine Waffe, er wird uns fliehen und der Graf uns allen seine Flucht entgelten lassen. „Zauch ist jetzt mein Waffenbruder“, er¬ widerte Rupprecht mit Würde, „damit genug! Komm, Reta, dein Bärlein ist hungrig! Und wortlos trug das junge Paar den kleinen Gefangenen in eine der Holz¬ lagen, und während Rupprecht für das Bärlein rasch einen Käfig zurecht zimmerte und Reta ihm dabei half, kehrten die anderen zu ihren Arbeiten zurück, das Ereignis durchhechelnd. „Sieh da, wie behaglich er sich fühlt in seinem Neste“, meinte Reta, als das Bärlein sich jetzt brummend auf dem frischen Stroh, das Rupprecht in den Käfig getan, herumwälzte, „der wird sich freuen, im eigenen Heim zu sein! „Wir würden uns ja auch darob freuen, bei uns selber zu Haus zu sein, meinst du nicht, Reta? Rupprecht fragte das so weich im Ton und so bewegt, und sah Reta so eigen und so zagend an „Wie meinst du das?“ erwiderte sie ganz verwirrt und nestelte an der silbernen Gürtelschnalle verlegen herum. „Wie?“ fragte jetzt Rupprecht plötzlich sehr mutig und ergriff ihre Hand,„ei, der Avare hat es ja gesagt, wir zwei 103 sind doch eins — Pipin, dein Vater, und Karlmann, der meinige, sollen das jetzt bestätigen, so du willst, natürlich! Komm! III. Wie die zwei Liebesleute nun zur Wohnung Pipins hinüberschritten, er¬ tönten langgezogene Hornlaute aus der 7 Richtung von Todicha*) her „Wer kommt noch so spät zu uns? fragte Reta aufhorchend, aber schon hatte Rupprechts an derlei Töne gewohntes Ohr die Bedeutung dieses dumpf in den großen Hof hineinzitternden Horngetönes erfaßt und erwiderte rasch: „Das sind die Mannen unseres Herrn 4 Grafen Werinhar,“) die hier nächtigen wollen! Gott mit dir, Reta, ich muß ihnen entgegengehen. Ein flüchtiger Händedruck und Rup¬ precht eilte zum Tore hinaus. In der Ansiedelung „unterm Stein“ war es lebendig geworden, die wehrhaften Männer griffen zu den Waffen und besetzten das Tor und die Umfassungsmauer, wie es beim Nahen eines bewaffneten Trupps anbefohlen war, und Pipin vertrat den eben abwesenden Vogt, wanderte mit einigen Männern zum Sträßlein hinaus und harrte dort auf die Gäste. Bald blitzten denn auch in der Abend¬ sonne letztem Glanze blanke Helme, breite Schwerter und gewaltige Sperre durch das Laubgrün des Waldes, Pferdege¬ trappel, Schnauben und Wiehern wurde hörbar und schon kamen die ersten Reiter aus dem Walde auf die Lichtung heraus. „Um Gott, was ist denn nur los sagte Pipin, aufmerksam die Reiter musternd, und deckte die schwielige, kräftige Hand über die Augen, um besser sehen zu können, „das ist ja der gestrenge Herr Graf Werinhar in eigener Person, der den Schwarm führt, und Avaren sehe ich auch hinter ihm — ist doch kein Gerichts¬ tag morgen, was das nur bedeutet? Er schüttelte verwundert sein grau¬ behaartes Haupt, zu weiteren Be¬ trachtungen war aber nicht Zeit, denn *) Heute Dietach, damals von Slawen bewohnt. **) War Grenzgraf im Lande zwischen Donau, Enns und Steyr ungefähr vom Jahre 809—815.
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