Inzwischen war an unserem dualistischen Him¬ mel eine schwere Gewitterwolke aufgestiegen. Wohl auf Grund der, der Ernennung des Mini¬ steriums Wekerle vorausgegangenen Verhandlun¬ gen mit der Krone, trat dieses Ministerium mit der Forderung eines selbständigen autonomen ungarischen Zolltarifes hervor, während Prinz Hohenlohe dagegen darauf verwies, daß der ge¬ meinsame Zolltarif unter keinen Umständen als eigener ungarischer Zolltarif ins Leben treten dürfe und er sich als österreichischer Ministerpräsi¬ dent mit einer solchen Lösung nicht einverstanden erklären könne, umsomehr, da der gemeinsame Zolltarif als solcher bereits im österreichischen Ministerpräsident Parlamente durchberaten worden sei. Die dies¬ falls zwischen den beiden Regierungen geführten —trotz einer gegentei¬ Verhandlungen führten ligen Behauptung Wekerles —zu keinem Re¬ ultate, und als dann, trotz der Opposition der österreichischen Regierung, das Ministerium Wekerle von der Krone die Ermächtigung zur Einbringung des autonomen Zolltarifes im un¬ garischen Parlamente erhielt und dieser Er¬ mächtigung gemäß auch vorgehen zu wollen er¬ klärte — das ungarische Amtsblatt vom 28. Juni 1906 veröffentlichte denn auch die Verordnung, womit die Verfügungen der der Gesetzgebung am 29. Mai 1906 über den autonomen Zolltarif unterbreiteten Gesetzesvorlage mit der Rückwir¬ 81 kung vom 1. März 1906 bis auf weitere Ver¬ — fügung der Gesetzgebung ins Leben treten da zog Prinz Hohenlohe die Konsequenzen daraus — er gab nach einer kaum einmonatlichen Mini¬ sterpräsidentschaft am 28. Mai 1906 seine und des Gesamtkabinetts Demission, da er das Vor¬ gehen der ungarischen Regierung als mit den zwischen den beiden Reichshälften bestehenden politischen, rechtlichen und volkswirtschaftlichen Beziehungen unvereinbar und für die österreichi¬ schen Interessen schädlich erachtete, und als red¬ licher Mann — wenn auch passiv —einer Aktion nicht assistieren wollte, die seinen Ueber¬ zeugungen zuwiderlief. Die Demission wurde Freiherr v. Beck. angenommen und Prinz Hohenlohe kehrte auf seinen Triester Statthalterposten zurück. Das Bekanntwerden der Demission des Ka¬ binetts Hohenlohe und der Gründe derselben er¬ regte im österreichischen Abgeordnetenhause einen Sturm der Erbitterung, und da Präsident Vetter der Ansicht war, wegen eben jener Demission eine offizielle Sitzung des Abgeordnetenhauses nicht einberufen zu können, die Abgeordneten aber nicht mit Stillschweigen über das Ereignis und seine Gründe hinweggehen, sich nicht mund¬ tot machen lassen wollten, versammelten sie sich am 29. Mai 1905 unter dem Vorsitze Prades zu einer inoffiziellen Sitzung, in welcher Prade zunächst im Namen der Versammelten und unter 6
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