gegenseitigen Einverständnis die gerichtliche Schei¬ dung des prinzlichen Paares dem Bande nach. Durch diese Scheidung schied Prinzessin Louise aus der landesherrlichen Familie ihres Gemahls und führt die Prinzessin nunmehr wieder den ihr nach der Geburt zukommenden Titel einer könig¬ lichen Prinzessin von Belgien. In dem erwähnten Vergleiche wurde für die Prinzessin eine Apanage und für den Prinzen die Verpflichtung fest¬ gesetzt, die für die Prinzessin seit ihrer Flucht aus Bad Elster erwachsenen Verbindlichkeiten zu tilgen. in Aus der langen Reihe fürstlicher Besuche Oesterreich in der Berichtsperiode seien hier er¬ wähnt: die Besuche des Kaisers von Deutschland der Könige von Sachsen, Belgien, England, Ru¬ mänien samt Gattin, Württemberg, Spanien, Griechenland, Dänemark samt Gattin, des Fürsten Nikita und des Prinzen Mirko von Montenegro samt Familie, des Khedive von Aegypten Abbas II. Hilmi Pascha, des Fürsten Ferdinand von Bulgarien, des Kronprinzen von Rumänien, des Infanten Don Carlos von Spa¬ nien, des Herzogs Karl Eduard von Sachsen¬ Coburg und Gotha und des Prinzregenten Luit¬ pold von Bayern. Von diesen fürstlichen Besuchen hatten jene des Königs von Spanien und des Herzogs von Sachsen=Coburg und Gotha den Charakter von Antrittsbesuchen der jugendlichen Herrscher, jene des Kaisers von Deutschland, der Könige von England und Rumänien aber durch ihre politische Bedeutung eine besondere Wich¬ tigkeit. Die auswärtige Politik Oesterreichs bewegte sich in der Berichtsperiode wieder in den gewohnten Bahnen. Der Dreibund bildete nach wie vor eine der festesten Grundsäulen des europäischen Friedens. Das Bestreben Serbiens, durch Abschluß einer Zollunion mit Bulgarien unt später durch sein eigenartiges Vorgehen in der Frage der Vergebung der in Aussicht genom¬ menen Kanonenbestellungen, die handelspoliti¬ schen Interessen Oesterreich=Ungarns zu schädigen, führte zu einem Konflikte mit diesem Staate welcher einerseits mehrfache Ministerkrisen in Serbien selbst und anderseits die wiederholte Verfügung der Grenzsperre gegen dieses Land obwohl Ser¬ — zur Folge hatte und noch heute Zoll¬ bien die beanständete serbisch=bulgarische nicht ge¬ union aufzugeben sich bemüßigt sah — 77 schlichtet ist. Verhandlungen, welche den Abschluß eines Handelsvertrages mit Serbien zum Zwecke hatten, sind infolge des erwähnten Konfliktes zum Stillstand gekommen und ein ernster Zoll¬ krieg droht zwischen beiden Staaten auszubrechen Das Verhältnis zwischen den beiden Teiler zwischen Zis¬ — unserer dualistischen Monarchie und Transleithanien — gestaltete sich in der hier in Rede stehenden Zeit zu einem geradezu unerquicklichen. Die ungarischen Aspirationen welche auf die Vorherrschaft der Magyaren in Oesterreich=Ungarn gerichtet sind, die unentwegte Forderung nach der magyarischen Kommando¬ sprache, deren Erfüllung die Einheitlichkeit den Armee und damit die Großmachtstellung unserer Monarchie schwer gefährden müßte, das krasse Mi߬ verhältnis zwischen den Machtansprüchen Traus¬ leithaniens und dessen Leistungen für die gemein¬ amen Auslagen und so manch anderes Moment wie z. B. die Erfindung der gegen die öster¬ reichische Industrie gerichteten Tulpen=Liga, das Kokettieren mit dem unsere Monarchie handels¬ politisch befehdenden Serbien, lassen eben ein friedliches und erquickliches Nebeneinanderseir nicht aufkommen, und das österreichische Parla¬ ment hat sich in Anbetracht des sich immer mehr zwischen beiden Reichshälften ansammelnden Kon¬ fliktsstoffes zu einer in seltener Einmütigkeit ge¬ faßten ernsten Kundgebung gegen eine weitere Schädigung der Interessen der diesseitigen Reichshälfte zu Gunsten der jenseitigen ver¬ anlaßt gesehen. Wir haben in früheren Berichten die Aus¬ gestaltung der inneren politischen Verhältnisse der beiden Reichshälften während der Berichtsperiode in abgesonderten Abchsnitten behandelt. Das scharft Ineinandergreifen der innerpolitischen Ereignisse in Zis= und Transleithanien, welches in der hier in Frage kommenden Berichtsepoche klarer und einschneidender denn je in die Erscheinung trat und in den beiden Reichshälften verhängnis volle Wirkungen herbeiführte, veranlaßt uns je¬ doch diesmal — soweit es sich um die größere von dem bisheriger — innere Politik handelt Usus abzuweichen und beiden Reichshälften, ob¬ schon die Einbringung des autonomen Zolltarifs in Transleithanien wohl den ersten entscheiden den Schritt zur vollständigen volkswirtschaftlichen und wohl auch politischen Trennung der beiden Reichshälften bedeutet, eine gemeinschaftliche Be¬ handlung zu widmen. Als wir unseren vorjähri¬
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