76 weise zerstört. Es war ein grauenvolles Schau¬ spiel, welches die Katastrophe von San Fran¬ cisco — wohl eine der größten und verderben¬ reichsten Erdbebenkatastrophen, welche die Welt¬ geschichte kennt — der entsetzten Welt bot. Die Opfer, welche das viertägige Wüten der ver¬ einigten Elemente an Menschenleben forderte, werden mit über 1000 angegeben, der von ihm verursachte, eigentlich bis heute — besonders was seinen Ursprung: Erdbeben oder Feuer anbe¬ langt — noch nicht genau festgestellte und wohl auch niemals vollständig ziffermäßig festzustellende materielle Schaden auf weit über eine Milliarde Kronen, die Zahl der durch Erdbeben oder Feuer zerstörten Gebäude mit 30.000, die Anzahl end¬ lich der durch die Katastrophe obdachlos Gewor¬ denen mit 300.000 beziffert. San Francisco selbst aber ward als Stadt vernichtet, denn als endlich am 21. April 1906 dem Toben der Elemente, dem Wüten des Feuers Einhalt ge¬ tan worden war — lagen drei Viertel Friscos in Trümmern und nur ein Viertel war im großen und ganzen verschont geblieben, wenn schon auch dort schwere Schäden durch das Erd¬ beben angerichtet worden waren. Doch San Francisco wird wohl in wenigen Jahren in seiner alten Größe und Macht — ja viel schöner und prächtiger — aus seiner Asche wieder erstehen; dafür bürgt die Tatkraft und der Unternehmungs¬ geist, wie der Reichtum der, alle fremde Hilfe im nationalen Unglück stolz ablehnenden großen nordamerikanischen Republik und ihrer einst so herrlichen Tochter, der Königin des Stillen Ozeans! Oesterreich-Angarn. Wir leiten unseren Bericht, wie alljährlich, mit Er¬ der Aufzählung der frohen und traurigen eignisse ein, welche in der Berichtsperiodeim Herrscherhause vorfielen. Am 22. August 1905 wurde Erzherzogin Maria Christina, Gemahlin des Erzherzogs Peter Fer¬ dinand, von einem Prinzen entbunden. Der Vater des neugeborenen Prinzen ist der dritte Sohn des Erzherzogs Ferdinand IV. Gro߬ herzogs von Toscana, und seit 1900 mit der Prinzessin Maria Christina von Bourbon=Si¬ zilien vermählt. Am 7. Oktober 1905 verschied in Kis=Tapolcsany Erzherzog Mathias, der am 26. Juni 1904 geborene jüngste Sohn des Erzherzogs Josef und der Erzherzogin Auguste. Der verstorbene Erzherzog, ein Urenkel des Kaisers Franz Josef, war das vierte Kind des Erzherzogs Josef und seiner Gemahlin einer Tochter der Prinzessin Gisela von Bayern. Am 18. März 1906 starb im Kloster der Schwestern vom heiligen Kreuz in Görz Prinzessin Maria Beatrice von Bourbon, geborene Erzherzogin von Oesterreich=Este, im Alter von 82 Jahren. Sie wurde am 13. März 1824 geboren und vermählte sich zu Modena am 6. Februar 1847 mit dem am 15. Mai 1822 geborenen Infanten Don Juan von Bourbon. Dieser Ehe entstammen der jetzige Chef des kar¬ istischen Zweiges der königlichen Linie des Hauses Bourbon, Thronprätendent Don Carlos, und Infant Don Alfonso, der Schöpfer der Anti¬ duellbewegung auf dem Kontinent. Die Ver¬ storbene hatte nach dem ersten Karlistenkriege mit ihrem Manne in England gelebt; nach dem Tode des Gatten trat sie in das Kloster der Karme¬ literinnen in Graz ein. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie jedoch in dem oben bezeichneten Kloster in Görz, um in der Nähe des bei Görz in der Gruft des alten malerischen Klosters von Castagnavizza, neben dem Grafen Chambord ruhenden Gemahls zu weilen. Sie war dem Orden, dessen Habit sie trug, nur assimiliert. Wir haben im Vorjahre berichtet, daß das Obersthofmarschallamt am 26. Juni 1905 die über die Prinzessin Louise von Sachsen=Coburg und Gotha — die Schwester der ehemaligen Kronprinzessin Stephanie — wegen Schwachsinns verhängte Kuratel wieder aufgehoben habe. Da gegen diese Entscheidung von keiner Seite Ein¬ spruch erhoben worden ist, so ist dieselbe in Rechtskraft erwachsen, und damit war die Kura¬ tel über die Prinzessin tatsächlich definitiv auf¬ gehoben. Mitte Juli 1905 reichte dann der Ge¬ mahl der Prinzessin, Prinz Philipp von Sachsen¬ Coburg und Gotha, beim Landgericht Gotha, welches für Rechtsstreitigkeiten der Mitglieder des herzoglichen Hauses zuständig ist, die Ehe¬ scheidungsklage gegen die Prinzessin Louise ein. Nach langwierigen, auch die Kompetenzfrage be¬ treffenden Verhandlungen erfolgte dann auf Grund eines in Paris am 19. Dezember 1905 zwischen den Anwälten beider Streitteile abge¬ schlossenen Vergleiches im Jänner 1906 im
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