66 Momente verfolgt, da — nach der Einnahme von Tielin, nach dem Falle Port Arthurs und der Vernichtung der großen baltischen Flotte unter Roschdestwensky in der Straße von Korea — Präsident Roosevelt in der Rolle eines Vermitt¬ lers in Aktion trat, und unsere diesfälligen Aus¬ führungen mit dem Hinweise geschlossen, daß eine Unterbrechung der kriegerischen Operationen in Ostasien bis zum Ablaufe der Berichtsperiode nicht eingetreten war. Wohl hatten sich die Japaner nach den großen Erfolgen bei Mukden und Tielin — abgesehen von kleineren, durch ihr stetiges Vorrücken be¬ dingten Gefechten — eine größere Ruhepause in den militärischen Hauptaktionen am mandschuri¬ schen Kriegsschauplatze gegönnt, aber es war klar, daß diese Ruhepause nur der Vorbereitung neuer, weitausgreifender Pläne galt, welche einerseits die Zernierung Wladiwostoks, anderseits die Um¬ fassung der unter Linewitsch stehenden, auf der Linie Tschantschun—Kirin und südlich in der Stärke von zirka 200.000 Mann konzentrierten russischen Hauptstreitmacht bezweckten, und es zeigten sich auch bereits am Schlusse der Be¬ richtsperiode in beiden Richtungen die Anfänge einer neuen allgemeinen Offensivaktion der Japaner. Kam auch diese allgemeine Offensivbewegung der Japaner in der laufenden Berichtsepoche wegen des inzwischen eingeleiteten Friedens nicht mehr zur vollen Durchführung, so hörten doch die Japaner auch während der Friedens¬ pourparlers nicht auf, die Russen an den ver¬ schiedensten Stellen zu beunruhigen und in steter Aufregung zu erhalten. So landeten am 7. Juli 1905 die Japaner auf der im russischen Besitze befindlichen, Japan benachbarten und früher zu Japan gehörigen Insel Sachalin, um sich noch vor Zusammentritt der in Aussicht stehenden Friedenskonferenz ein Objekt zu sichern, dessen Abtretung, respektive Rückgabe sie dann auch in den Friedensverhandlungen verlangten. Die überraschten Russen zogen sich auch hier konse¬ quent vor den vorrückenden Japanern zurück, die sich nach der schließlichen Kapitulation der ganzen russischen Besatzung bald im faktischen Besitze der ganzen Insel befanden, die von den Siegern wieder den früheren, vor der russischen Okku¬ pation geführten Namen „Akabafuto“ erhielt. So landeten die Japaner am 24. Juli 1905 in Castrics ein Bataillon, besetzten den dortigen Leuchtturm und hißten die japanische Flagge. Damit hatten die Japaner den Krieg in russi¬ sches Gebiet auf dem Festlande getragen, denn Castries liegt am Gestade der sibirischen Küsten¬ provinz; sie hatten damit aber auch eine, die russische Festung Wladiwostok ernstlich gefähr¬ dende Aktion eingeleitet, welche dahin zielte, den Amur und seine Nebenflüsse in Japans Machtbereich zu bringen, Chabarowsk, die an der Mündung des Ussuri in den Amur liegende Kopfstation der Eisenbahn Chabarowsk—Wladi¬ wostok zu erobern und so Wladiwostok zugleich von zwei Seiten zu bedrohen, und zwar einmal durch die vom Tumen her vorrückenden Truppen und anderseits durch das den Amur und den Ussuri entlang operierende Korps. Außerdem hätte es der Uebergang über den Sungari, einen anderen Nebenfluß des Amur, den Japanern ermöglicht, plötzlich in den Rücken der unter Linewitsch stehenden russischen Hauptstreitmacht zu gelangen. Es handelte sich bei dr Okkupation von Castrics also offensichtlich um eine die ob¬ erwähnte allgemeine Offensivbewegung vorberei¬ tende, ja eigentlich einleitende Aktion. Inzwischen hatten die Bemühungen zur Her¬ beiführung des Friedens — Bemühungen, welche — sich, wie gesagt, in den Händen des Prasidenten der Vereinigten Staaten konzentrierten immer konkretere Erfolge aufzuweisen. Die di¬ rekten Pourparlers zwischen den kriegführenden Mächten nahmen eine dem Frieden immer gün tigere Gestaltung, und bald konnte mit einer gewissen Bestimmtheit der baldige Beginn der Friedenskonferenzen angezeigt werden. Als Ort der Friedenskonferenz ward Washington bezeichnet und als Bevollmächtigte bei den Frie¬ densverhandlungen für Rußland der russische Botschafter in Rom Graf Nikolaj Murawiew und der russische Gesandte in Washington Baron Rosen, für Japan aber der japanische Minister des Aeußern Baron Komura und der japanische Gesandte in Washington Taka¬ hira, und zwar Graf Murawiew und Baron Komura als Hauptbevollmächtigte. Das Mißtrauen, mit welchem in aller Welt die Delegierung des Grafen Murawiew als Friedensunterhändler begrüßt wurde, veranlaßte später die russische Regierung, an Stelle dieses Mannes den Präsidenten des russischen Minister¬ komitees, Sergins v. Witte, zum ersten Be¬ vollmächtigten Rußlands bei den Friedensunter¬
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