60 Kämmerer Zeit, die Stiegen herabzueilen und den Herrn am Tore mit ehrerbieti¬ gem Gruß zu bewillkommnen. Kaiser Max kam ohne Gefolge, nur ein Ritter es ward war bei ihm, und wahrhaftig — dem Ratsherrn eigentümlich eng zu Herzen— das war ja der Scharffen¬ tein, der abgewiesene Freier der Tochter. Freundlich grüßte der Kaiser, stieg dem Hausherrn voran die wenigen Stufen zum Wohngemach hinauf und nahm auch gnädigst einen Willkommentrunk süßen spanischen Weines an. „Herr Kämmerer,“ begann er dann und winkte dem v. Scharffenstein, abzu¬ treten, „ich komme zu Euch, weil ich ein Anliegen hab’, das nur Ihr erfüllen könnt entgegnete „Allergnädigster Herr,“ jener, „Eure kaiserliche Majestät wissen daß ich und mein Haus ganz zu Diensten sind!“ Der König lachte. „Wartet nur ab, lieber Getreuer, 's ist kein Kleines, so ich begehre. Aber daß ich's nur kurz mache, bin ich doch nicht so beredt in solchen Sachen: „Wir, Kaiser Maximi¬ lian, Euer König, kommen zu Euch dem Kämmerer unserer treuen Stadt Worms, Konrad Velten, als Freiwerber 7. um Eure Tochter Margarete „Kaiserliche Majestät!“ „Und begehren sie für unseren lieben und werten Ritter Bodo v. Scharffen¬ stein, von dem Ihr wohl wisset, daß er Eurem Töchterlein lieb, wie sie ihm zum ehelichen Gemahl! „Allergnädigster Herr“, stammelte jener verlegen. Der König aberfuhr daß fort: „Und weil wir nicht wollen Euer Eidam arm und ohne Gut ei, haben wir ihm heute die Grafschaft in Eldersheim zum Lehen verliehen besonderer Anbetracht auch dessen, daß er uns einst mit Gefahr seines Lebens das unsere gerettet hat. Gleichermaßen haben wir uns entschlossen,Eurer Tochter aus königlicher Huld und Ge¬ wogenheit zur Morgengabe die fünfzig¬ tausend Goldkronen zu geben, so der de Barres, den ich gestern im Zweikampfe mit der Hilfe Gottes besiegte, sich als Lösegeld zu zahlen erboten hat. Der ehrsame Ratsherr stand wie ge¬ lähmt — war doch die Ehre gar zu groß und die Gnade: der König als Frei¬ werber und nun erst die überreichen Schenkungen! Er fand gar keine Worte —aber wie mit einem Schlage waren seine Bedenken gegen den ritterlichen Eidam dahingeschwunden, es mußte ja auch ein wunderbar ausgezeichneter Ritter sein, den der Herr also bedachte. Der König aber half ihm mit schneller Rede über seine Verlegenheit hinweg. „Ich sehe schon, lieber Getreuer, daß Ihr zustimmt, und ich danke Euch könnt auch wahrlich keinen braveren Eidam bekommen, denn den von Scharffenstein! Doch nun geht und denn nichts ist lieblicher als zwei liebende Herzen, so nach gewaltsamer Trennung vereint sind.“ Wer aber beschreibt das Erstaunen des alten Velten, als er nun, dem Befehl „ gehorsam, die Tür offnet und beide, der Bodo und die festlich geschmückte Mar¬ garet nebst seiner leise schluchzenden Hausfrau schon vor ihm stehen und her¬ eintretend vor dem gütigen Kaiser auf die Knie sinken. Der jedoch, die errötende Wange der lieblichen Maid sanft strei¬ chelnd, winket ihnen aufzustehen und spricht: „Nicht bei mir bedankt euch sondern dort bei eurem Vater, denn ohne seinen Willen hätt' euch selbst des Kaisers Majestät nicht zusammentun können! Und nun, Herr Kämmerer, laßt uns nach dem Brauch der alten Vorfah¬ ren auf das Wohl des jungen glücklichen Paares einen Becher' leeren und laßt Euch und Eurem liebwerten Ehegemahl herzinnig Glück wünschen! Im herrlichen Schwarzwald, unweit der rauschenden Murg, stand ein stattlich Schloß — heute freilich liegt es in Trümmern, und nur epheuumrankte Mauerreste erzählen noch von einstiger Herrlichkeit —da haben unsere Lieben gelebt und alljährlich, wenn der Früh¬
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2