: anzutreten. Sein Weg führte beim Ge¬ höft des reichen Bauern, Lieslotts Vater, vorbei; verstohlen blickte er in alle Fenster, ob er nicht ein Schwarzköpfchen sehe, noch einmal, vielleicht zum letzten¬ mal. Er sah nichts, und tief seufzend ging er weiter. Hätte er in die kleine Giebelstube schauen können, hätte er wohl gejauchzt vor Freuden, denn hinter den weißen Gardinen und blühenden Gera¬ nienstöckchen stand die Lieslott und wollte sich schier die braunen Aeuglein aus¬ weinen. „Und i bleib dabei, e Preusch heirat i net und schollt i ledig bleibe. Mit diesen Worten warf sie den Kopf trotzig in den Nacken und verließ ihr Giebelstubchen, wo sie eben noch so bitter¬ lich geweint. Der Peter war auch ein schwäbisches Kind, seine Eltern lebten in dem kleinen Dorfe, in dem die Lieslott, deren Elterr dort einen großen Bauernhof besaßen das Licht der Welt erblickte. Peters Vater starb, als er zehn Jahre zählte; die Mutter, in mißlicher Lage, zog mit dem einzigen Kinde nach Preußen, wo sie noch begüterte Verwandte hatte, und hier trat der Peter, nach beendigter Schulzeit, als Soldat in ein preußisches Husarenregi¬ ment. Als die Mutter auch heimgegan¬ gen, nahm er sich Urlaub, um die alte Muhme in seinem Heimatsdorf zu be¬ suchen. Es war an einem schönen, aber heißen Sommertag. Er hatte der Muhme seinen Besuch angekündigt, den Tag seiner Ankunft aber nicht bestimmt; er wollte sie überraschen und auch den Weg in das liebe, traute Heimatsdorf allein ziehen. Das Getreide stand hoch und schön, der kleine, erlenumstandene Bach rauschte noch so süß und verlockend, wie damals, als er mit den anderen Dorf¬ jungen in hochgezogenen Höschen im Wasser herumpantschte — die Lerchen zwitscherten noch wie damals, hoch im blauen Aether — der Wald grüßte von —die fern mit den grünen Wipfeln wilden Heckenrosen blühten am Wege und da auf dem Dache aus dem großen Nest guckten die kleinen Störchlein und warteten auf die Storchenmutter, die 35 weggeflogen war, um für die Kleinen Nahrung zu suchen — alles, alles, wie einst, und doch so anders, eine so lange Zeit war verstrichen — er war ein Mann geworden. Jetzt stand er am Bauerngut, das Lieslotts Vater gehörte. Sie war damals ein kleines Dirndl gewesen, aber ein so süßes, kleines Ding mit dunklen Reh¬ augen, das er immer ritterlich in Schutz nahm, wenn es den wilden Dorfbuben einfiel, das kleine Ding zu necken; dann bekamen sie seine starken Fäuste zu fühlen. Und die Lieslott hing mit rüh¬ render Liebe an dem großen Jungen. Wo sie wohl jetzt weilen mochte? Verheiratet war sie nicht, das wußte er von der Muhme, die ihm auch geschrieben, daß sie ein bildhübsches Ding geworden, dem alle Dorfburschen nachliefen. Er stand am Gitter; es war noch früh am Morgen. Auf dem Hof war es still, die Knechte waren wohl auf's Feld gefahren, die „ Mägde in den Ställen beschaftigt. Das Hühnervolk stolzierte im Hof herum, die in Enten schnatterten und plätscherten dem kleinen Tümpel in der Mitte des Hofes. Ach, so ein Bauerngut zu haben wie schön mußte das sein, dachte der blonde Peter. Jetzt knarrte die Haus¬ tür und Lieslotts Vater, der reiche Bauer Hollack, trat heraus. Er gewahrte den Peter, erkannte ihn aber nicht, schaute nach ihm hin, indem er sich die Augen mit der Hand beschattete. „Gott grüß euch, Vater Hollack,“ kam es von Peters ja der Lippen. „Der Peterle, das isch indem Peterle,“ rief der Bauer freudig, er dem jungen Soldaten beide Hände hinhielt zum herzlichen Willkommen. Er lud ihn ein, näherzutreten, und der Peter konnte der Versuchung nicht widerstehen, er mußte die Lieslott sehen Und nun stand sie vor ihm in der Wohn¬ stube und er meinte, nie ein saubereres „ „ hubscheres Madel gesehen zu haben. Und sie konnte sich nicht sattsehen an dem stattlichen, blonden Husaren. Sie hielten sich bei den Händen und guckten sich strahlend und lachend in die Augen, und bis der Alte stand schmunzelnd dabei, 3*
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