34 mich, den Peter, und mich sollst du hei¬ raten; ob ich nun preußischer Soldat bin oder sonst was, ist doch einerlei. Er wollte sie bei diesen Worten um¬ fassen und an sich ziehen, um einen Kuß auf die roten Lippen zu drücken, die gar zu verführerisch leuchteten, aber heftig riß sie sich von ihm los, stemmte die Arme in die Hüften und betrachtete ihn entrüstet von oben bis unten. „Hascht net gehert? I heirat kei Preusch nit, i dörsch noch emal, die Preusch sin sag die Feind von unsch, und i bin alleweil gut schwäbisch g’wescht und bleib's, da¬ mit baschta. Geh, Peter, geh, so mag i di net.“ Sie drehte sich um, tat ein paar Schritte; plötzlich machte sie Halt, blickte den Peter an, kam zurückgelaufen, legte beide Arme um seinen Hals und sagte zu ihm: „Ja, schaust, Peterl, i kann kei Preusch nit heirate. Willscht net zu „ 2 uns komme, Peterl?“ fugte sie in bitten¬ dem Tone hinzu, blickte ihn dabei so verführerisch, mit lächelndem Munde an, hinter dem die blitzenden, weißen Zähn¬ lein hervorglänzten wie die Perlen, daß es ihm heiß zu Kopf stieg und vor den Augen dunkelte. Er wollte sie an sich drücken, sie küssen, seine Lieslott, die er geliebt, seit er denken konnte, aber da wich sie wie der Blitz von ihm zurück: □ „Ja, willscht halt, Peterle?“ fragte sie „Ja aber, Lieslott, was soll ich denn tun, was willst du von mir?“ fragte er, indem er seinen blonden Schnurrbart verzweifelt drehte. „Du sollst zu uns komme, nit mit in den Krieg ziehe und gegen deine Brüder kämpfe, sonst heirat i di net“, gab sie zur Antwort. „Aber, um Gotteswillen, Lieslott, ich kann doch jetzt, wo der Krieg vor der Tür steht meinem König, dem ich Treu geschworen, nicht untreu werden! Das wäre ehrlos Lieslott, und möchtest du einen ehrlosen Menschen heiraten? Wenn du mich jetzt nicht heiraten willst, gut, dann warten wir, bis der Krieg vorbei, was, Lies¬ lott?“ „I heirat di nimmer wenn du gegen deine Brüder kämpfst,“ sagte Lieslott, indem sie in den Zipfel ihrer Schürze schluchzte und mit den Worten: „I kann und i mog kei Preusch heirate,“ lief sie davon. Da stand er nun, der blonde Peter und schaute seiner Herzallerliebsten verzweifelt nach. Was sollte er tun? Warten, bis der Feldzug zu Ende war und dann den Abschied nehmen? Es würde ja nichts nützen, denn sie hatte ihm kategorisch erklärt, wenn er mit in den Krieg zöge, würde sie ihn nimmer heiraten. So gern hätte er es jetzt getan und sein junges Weib beim Vater ge¬ lassen, hier auf dem Bauernhof. Dann war sie sein; aber so? Die Lieslott liebte ihn ja, das wußte er, aber sie war das hübscheste Ding im Dorf, die jungen — Burschen guckten alle nach ihr und er nun ja, er war eifersuchtig; er hätte sie gern sein genannt, ehe er von hinnen mußte, was in einigen Tagen geschehen sollte. Er seufzte tief; er wollte mit dem Bauer sprechen. Er gab seine Sache noch nicht verloren. Er wollte ins Gehöft zum Bauern gehen, als er denselben um die Ecke biegen und auf sich zukommen ah. Der biedere, alte Mann mit den langen, grauen Haaren war im Sonn¬ tagsstaat. Er trug einen langen, grauen Rock mit blanken Messingknöpfen, rote Weste und schwarze Sammethosen. Schon von weitem schüttelte er mit sorgenvoller Miene den Kopf. Es ischt nischt, mei Sohn, brauchst nit erscht zu rede; die Lieslott will net, i hab's ihr befohle, i hab’ zu ihr g’sagt: Du heiratscht den Peterle, denn du liebscht den Peterle, i weisch esch, aber da hat se geflennt und hat mer in's G’schicht g'schacht: Und i heirat nit, wenn er e Preusch bleibt. Ja, ja, Peterle, die Weiber, die Weiber, wasch schich die in den Kopf schetze, musch ge¬ schehe. Na, Peterle, schau, nimm dersch nit so zu Herze,“ fuhr der Alte fort, als er den Peter so trübselig dastehen sah. „Vielleicht kommt se noch zu Verstande is net jetzt, dann später, alscho zieh, mei Sohn, mit Gott.“ Sie reichten sich die Hände und trennten sich. Ein paar Tage später ging der Peter mit seinem kleinen Köfferchen zur Bahn um die Rückfahrt in die Garnisonsstadt
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