„Heraus, Türke!“ er hörte uns nicht. Als wir nichts erreichten, wurde Kyrilow wü¬ tend und hat ihn ein wenig geritzt. Nun kam er aus seinem Busch hervor, der Mahmud. Aufrichtig gestanden, wir woll¬ ten ihn gleich auf der Stelle niedermachen, aber Leutnant Wassiljew hat uns befohlen ihn hieher zu bringen.“ Semion, gib ihm einen Stuhl!“ 0er Der Gefangene setzte sich, nachdem seine Hand auf das Herz, den Mund und den Kopf gelegt. Sein Gesicht war noch düsterer geworden, augenscheinlich erwartete er nichts Gutes im russischen Lager. Seine große Nase senkte sich auf seinen grauen Schnurrbart und der Kopf schien sich in die Schultern zurückzuziehen... II. Während seiner militärischen Lauf¬ bahn hatte der Kommandant, der in einem Regiment an den Grenzen des Kaukasus gedient, wohl oder übel ein wenig türkisch gelernt. Daher konnte man ihn als Dolmetsch verwenden. „Ich glaube, wir kennen uns schon? sagte er zu dem Gefangenen. „Sie sind der Oberst Mahmud Bey?“ Der Türke senkte traurig den Kopf und nahm eine Haltung ein, die eine tiefe Niedergeschlagenheit ausdrückte. „Ich irre mich vielleicht und verwechsle Sie vielleicht mit einem anderen?“ fuhr der Kommandant fort. „Nein, Sie haben Recht“, sprach der Gefangene, sich erhebend. „Ich bin gestern von Kazanlik entflohen und von Ihren Soldaten wieder gefangen genommen worden. Man kommt nicht weit zu Fuß!“ setzte er mit traurigem Lächeln hinzu, „besonders, wenn man, wie ich, am Kopf und am Bein verwundet ist. Und jetzt bin ich's auch noch an der Schulter!“ „Sie mußten doch wissen, daß nach Kriegsgebrauch . . ., fuhr der Kom¬ mandant fort, der sich vergeblich be¬ mühte, in amtlichem Tone zu sprechen. „Ich weiß es. Die Macht ist auf Ihrer Seite, Sie sind die Sieger, geben Sie Befehl, daß man mich töte. Ich 25 weiß sehr wohl, welcher Gefahr ich mich aussetzte, als ich gestern Abend aus dem Hause des Offiziers, der mich beher¬ bergte, entfloh. Ich habe gespielt, habe verloren und muß sterben ... Von dem Ton des Gefangenen ge¬ rührt, begann der Kommandant mit ihm sanfter zu sprechen. Sie fühlten sich da, wo Sie waren, unbehaglich?“ „Nein! „Behandelte man Sie nicht gut? „Der Offizier, bei dem ich einquar¬ tiert war, war ein großmütiger Mann. Er hat mir sein Bett abgetreten, hat mir zu essen und zu trinken gegeben und mich als Bruder, nicht als Feind betrachtet.“ „Dann hatten Sie also Furcht, in Rußland mißhandelt zu werden?“ „Nein; ich weiß, daß die Russen ihre Gefangenen gut behandeln. „Ja, warum sind Sie denn aber ent¬ flohen? „Was kümmert Sie das? Ich bin in Ihren Händen, tun Sie Ihre Pflicht!.. Aber tun Sie's schnell! Tun Sie's schnell!“ Ein Ton, der einem Schluchzen ähn¬ lich sich anhörte, drang aus der Kehle des alten Türken, und von neuem senkte sich sein Kopf auf die Brust. „Was beabsichtigten Sie denn, als Sie entflohen? Was hofften Sie eigentlich Die Türken ziehen sich überall zurück, der Hunger herrscht in ihrem Lager, die Bevölkerung ist auf der Flucht. Hätten Sie nicht besser daran getan, sich in Geduld zu fassen. Der Krieg wird bald zu Ende sein, und Sie hätten dann un¬ behelligt in Ihr Haus zurückkehren können. „In mein Haus? . . Wo liegt das? □ „Ich verstehe Sie nicht.“ „Sie werden mich schon verstehen * * Vor Ach, ich mache mir keine Illusionen kurzem ist der Befehl aus Stambu# ge¬ kommen, nach Kleinasien auszuwandern Alle werden auswandern, meine Familie ebenso wie die anderen. Wo werden sie hinziehen? Wo werde ich sie wieder¬
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