Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1906

die schnell am Spieß gebratene Hirsch¬ keule auf silberner Platte und den ältesten „ Wein in goldschimmerndem Gefaße her¬ bei. Und er machte jedesmal, wenn er seine Schätze an der Tafel ablud, eine ehrfurchtsvolle, wenn auch schwerfällige Verbeugung vor dem königlichen Gaste. Es geschah, daß er einmal, in blödes Anschauen desselben versunken, stehen blieb; da hieß ihn Alharde sich entfernen. Und sie war doch selber wie im Traume. S Cmni — Der große Böhmenkönig, der kühne, stolze Ottokar, saß bei ihr und sprach mit ihr! Und die Wände des alten Saales zitterten nicht, die Decke stürzte nicht ein! — Sogar sieselbst ward allmählichfrei von jeglicher Furcht, und vermochte ihm mit glücklicher Sicherheit ins Antlitz zu schauen. Es dünkte ihr so schön, wiesie noch keines gesehen. Die markigen Züge sprachen von hohem Mut und edler Ge¬ sinnung. Daneben prägte sich freilich auch jener unbändige Trotz in ihnen aus den er in späteren Zeiten so oft bewies — S 11 und der ihm endlich auch zum Falle wer¬ den sollte. Alharde hatte ihm, ohne daß sie wußte, wie sie dazu gekommen, während des Mahles alles, was sich Nennenswertes in ihrem bisherigen Leben ereignet, erzählt. 9 Jetzt, da sie schwieg, lächelte er sie freund¬ lich an und sagte: „Wie hätt' ich gedacht, auf meiner rauhen Bahn eine so hold blühende Blume zu treffen! Fürwahr, 4 + ∆ Afe. ∆ S — 10 * Reliko, dir bin ich mehr verbunden als du zu ahnen vermagst. Wüßte ich daß die schöne Alharde es nicht ungnädig auf¬ nähme, würde ich dir wohl erlauben,ihr von mir einen Kuß zu bringen.“ Reliko, der all die lange Zeit mit tief bei gesenktem Haupte dagesessen, fuhr dieser Rede auf, wie von einer Natter gestochen. In seinem Gesichte prägte sich ein solcher Schrecken aus, daß Ottokar sich des Lachens nicht erwehren konnte. „Nun, du brauchst nicht aus der Haut zu fahren deswegen!“ sagte er. „Welch

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