8 Wächters auf dem Turm und Alhardens, die sich in einem Winkel der Küche müde geweint hatte. Als auch sie sich endlich mit einem brennenden Kerzchen in der Hand in ihr Gemach begeben wollte, hörte ie unter der zu demselben hinaufführen¬ den hölzernen Treppe ihren Namen rufen. Zu gleicher Zeit tauchte Relikos junges, dunkles Antlitz vor ihr auf und zwei kalte, zitternde Hände bemächtigten sich der ihrigen. „Nicht schreien!“ kam es hastig von □ seinen Lippen. „Ihr sollt wissen, daß ich nicht bin fort — Euretwegen. Denn Ihr mir habt helfen vor Eurem Vater. „Aber was willst du jetzt?“ fragte das Mädchen entsetzt. „Was hast du im Sinne?“ „Warten, bis nahet mein lieber Herr Ottokar. Und wenn mich morgen dein Vater stechen tot, ich bleiben. Denn Ihr sonst wieder werdet geschlagen von ihm.“ „Nein,“ lächelte sie, „mich schlägt der nicht. Aber dir, lieber Knabe, kann es wohl übel ergehn, wenn er dich erblickt, zumal du auch so trotzig bist gegen ihn. Wieder flammte es in Relikos Augen heiß auf und hochmütig trat er von ihr zurück. „Ich haben keine Furcht vor ihm und vor niemand. Wenn ich auch klein, ich doch chon hab machen tot viele. — Jetzt Ihr gehen. Schlafet wohl.“ „Wo willst du schlafen, Reliko?“ „Hier.“ „Auf der Stiege? —Nein, nimm die¬ en kleinen Schlüssel und gehe den Gang hier entlang. Die letzte Türe, ganz hinten, öffne damit, du wirst eine Lagerstatt in dem Stüblein finden. Schlafe wohl, Re¬ liko!“ III. „Die Böhmen kommen! Die Böhmen kommen!“ Das war der Schreckensruf, der um die Mitte des Juni 1257 durch die Waldgaue des passauischen Hochstiftes ging. Ueber die hohen Berge hernieder wälzte sich das Heer, einer Meereswoge gleich, die alles vernichtete. Denn wenn auch der Landesherr, Fürstbischof Otto, der Verbündete des Böhmenkönigs war in dem beginnenden Feldzug gegen Her¬ zog Heinrich von Niederbayern, so konnte er doch nicht verhindern, daß die wild andringenden Kriesscharen plünderten und mordeten, wohin sie kamen. Bren¬ nende Wälder und Ortschaften, nieder¬ getretene Saaten und Haufen von Leichen kennzeichneten den viele Meilen breiten Weg, den sie gen Passau hin genommen. Die vor noch gar nicht langer Zeit ge¬ gründeten Märkte Waldkirchen, Freyung, Hutthurm und Hauzenberg wurden ge¬ plündert und angezündet. Zahlreiche Bur¬ gen der Gegend, deren Besitzer sich „ großtenteils dem fürstbischöflichen Heere angeschlossen hatten, während ihre Ange¬ hörigen samt aller Habe längst in Sicher¬ heit gebracht worden waren, verfielen demselben Schicksal. Auch auf Fürsteneck zitterte „Leut und Vieh“, wie der Vogt Leuprecht, der des in Passau weilenden Herrn Stelle ver¬ trat, klagend bekannte. Friedrich Kalch hatte auf vieles Bitten hin vom Bischof zwar eine kleine Verteidigerschar für seine Burg erhalten, aber was half sie, wenn die böhmischen Horden, die ihr Ober¬ befehlshaber selbst nicht im Zaume zu halten vermochte, über Nacht dort an¬ rückten? Fürwahr, sehr kleinlaut war der Kalch in diesen Tagen geworden. Er hatte nicht nur geschworen, dem Fürstbischof von jetzt an ein treuergebener Dienstmann sein zu wollen, sondern auch im Dome am Altar der heiligen Maria gelobt, niemals mehr fremdes Leben und Gut widerrechtlich anzutasten. Dies alles wenn seine Burg und sein einziges Kind unversehrt hervorgingen aus der allge¬ meinen Verheerung. Mit Gewalt hatte er — Sein Kind! es nach Passau gebracht ins Kloster Nie¬ dernburg. Aber die wilde Maid war den Nonnen noch am gleichen Tage durchge¬ brannt und zurückgeeilt ins heimatliche Schloß. Um es durch ihre Gegenwart vor dem Untergang zu bewahren, wie sie dem Vater sagen ließ. — Sie verließ sich wohl auf die Versprechungen des falschen Re¬
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