Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1906

Am heutigen „Michaelerberg“, just wie er um das Bürgerspital zur Brücke bog, wär' er fast an einen Mann gerannt, der auch im Sonntagsstaat, ebenso be¬ dächtig im Schritt wie der Fuxberger in die Stadt, aus dieser heraus ging Einen Augenblick maßen sich die zwei Männer und fast, so schien es, wärc Herr Martin umgekehrt, aber da besann er sich plötzlich und die beiden Männer sahen sich forschend und immer freund¬ licher an — die zwei „Todfeinde“, der Fuxberger und der Gutbrod, wußten nicht recht wie und wer zu reden anfangen solle „Na, Martin“ sagte endlich der Gut¬ brod zögernd. — gelt“, machte es der „Ja, hm Fuxberger und da streckten sich beide auch schon die Hände entgegen und umarmten und küßten sich, und der Gutbrod nahm den Freund unterm Arm, deutete aus die „Enge hin und sagte launig: — waren beide auf „Weißt was dem Wege zueinander, merk' es an unseren Kleidern, haben uns keiner was vorzu¬ werfen darob — wir beenden unsere Feindschaft dort, wo wir sie angefangen meinst nit? Ei, freilich —im „Elefanten“ lachte der Fuxberger laut auf und Arm in Arm schritten sie in die Stadt hinab. Die Versöhnung im „Elefanten“ mußte eine vollständige gewesen sein, denn Herr Martin Fuxberger erschien etliche Tage darauf mit seinem Kyrisser im Gutbrodischen Hause und warb gar feier¬ lich für seinen Hans um Fräulein Adel¬ heid und was die „ganze Stadt“ ohnehin bereits wußte, wurde nun in altherkömm¬ licher Form beschlossen und kund getan: die Gutbrod Adelheid und der Fuxberger Hans sollten ein Paar werden Und nach Weihnachten, zu Beginn des neuen Jahres 1503, fand im Gut¬ brodischen Hause die Trauung statt. In der guten Stube wurden die Eheschriften unterzeichnet und dann ordnete sich der Hochzeitszug, und Herr Martin Fuxberger ließ es sich nicht nehmen und führte selber im jugendlichen Schritt und doch 109 über würdevoll ernst die reizende Braut den Gang hinüber zur Kapelle. Und ihm folgten alle im hochzeitlichen Staat, die aus den Sippen der Fuxberger und der Gutbrods, die Damen in Samt und Seide und glitzerndem Geschmeide die Herren nicht minder reich im Anzug, umgürtet mit kunstvoll gearbeiteten Hau¬ degen und viele die güldene Ehrenkette so ihnen eine hohe Stellung in der Stadt oder im Land hieß zu tragen, um den Hals, und zum Schluß des Zuges schritt freudig bewegt der Junker Hans, ganz in Eisen gehüllt, ein echter und rechter Kyrisser. An der Eingangstür zur Kapelle!) stand der Hauskaplan und reichte den Eintretenden das Aspergile, worauf er die Trauung vornahm und der Zug, die Neuvermählten voran, wieder über den Gang zur „guten Stube“ zurückkehrte und das Beglückwünschen nun kein Ende nehmen wollte Während dann getafelt wurde, trat die junge Frau Adelheid Fuxberger in Begleitung ihres Gatten auf den Gang hinaus. Beide begaben sich zum Bilde des hl. Rochus hin und Frau Adelheid steckte am Wandleuchter unter dem Bilde des Hauspatrons eine geweihte Kerze auf entzündete dieselbe und betete mit kind¬ lich frommem Sinne. Dann wandte sic sich zu ihrem Gatten und sagte, auf das Bild des Hauspatrons an der Wand deu¬ tend, festen Tones: „Ich hab' St. Rochus diese Kerze ge¬ lobt, als der Kyrisser zu uns als Ehrenbote kam — war ganz betrübt ob deinem Wagnis, Hans, magst dich auch für seinen Schutz bedanken! er¬ „Will's auch tun, liebe Adelheid“ zu widerte ihr Gatte ernst, wandte sich dem Hauskaplan, der auf der obersten 1) Diese Kapelle ist noch erhalten, nur ist sie heute Küche. Sie ist im gotischen Stile gehalten, besonders hübsch ist die Eingangstür. Reiche Bürger jener Zeit ließen in ihren Häusern Gottesdienst halten und hatten eigene Haus¬ geistliche, die sie oft gut dotierten. Der Gutbrodische Kaplan wohnte rückwärts im Hause etwa 200 Schritte den Berg hinan, in einem eigens für ihn gebauten Hause. Auch dieses Haus ist teilweise noch erhalten. Das Bild des Schutz¬ patrones im Hause Gutbrod, des hl. Rochus befindet sich noch am Gange, leider ist die Malerei stark beschädigt durch Uebertünchen.

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