Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1906

108 weiß ich schon lang — reich' du dem Reichsboten nun den Ehrentrunk, dein zukünftiger Schwiegersohn wird ihn nun kaum verschmähen und sorg' auch für die Leute da, die unten wohl sich ein wenig gedulden werden, bis ihr feiner Kyrisser von da heroben wird entlassen!“ IV. Die Leute des Junkers Hans Fux¬ berger hatten aber nicht gewartet bis ein Auftrag kam, sich zu entfernen, sondern dies von selbst getan in richtiger Er¬ kenntnis, daß sich da jetzt Familiensachen abspielten, wozu ihre Anwesenheit weder nötig noch erwünscht war, und vergassen dabei nicht, „den Grund und Boden des Fuxbergers“, den Sattel, sehr zärt¬ lich mitzunehmen und den Gaul des Kyrissers wieder damit zu satteln. Ihr Herr blieb übrigens gar nicht lange, leerte den Ehrenbecher nun als Willkomm¬ und Verlobungstrunk willig bis zur Neige, nahm nochmals von seiner Adel¬ heid und deren Eltern das Jawort freu¬ digst entgegen, eilte dann auf den Platz hinab und grüßte ritterlich hinauf zu den Fenstern, wo die Damen standen, und vergaß auch nicht, im Wegreiten den Leuten am Stadtplatz zu danken, die ihm gar freundlich ein „glückliche Ankunft! zuriefen. Dann ging's ins Aichet=Schlössel hinaus, wo Herr Martin Fuxberger nach eingenommenem Vespertrunk ins Vor¬ gärtchen herabgestiegen war und der alten Brigitta und der Annemarie eben, wet¬ ternd und brummig, beim „Zudecken“ der Rosenstöcke half. Als ihn die Brigitta auf die herannahenden Reiter aufmerksam machte, sah er scharf darnach aus und sein noch sehr gutes Auge musterte scharf das Wappen auf der Tartsche des voran¬ reitenden Pagen dessen Wappenfarben im ersterbenden Lichte der eben unter¬ gehenden Sonne recht deutlich zu erken¬ nen waren. Und da wurde der Brumm¬ bär plötzlich gar sanft und wischte sich die Augen, dann trat er ins Gittertor der Umfassungsmauer, nahm das Käpp¬ chen vom Haupte und streckte dem vom Pferde springenden und auf ihn zueilen¬ den Kyrisser hastig die braune Rechte entgegen und sagte bewegten Tones nur, aber ganz als ehemaliger Krieger und anjetzt Ratsherr zu Stadt Steyr, steif und förmlich: „Willkommen des Kaisers Kyrisser und seine Leute hier in meinem Hause“ und nachdem er dem Kyrisser derb die Hand geschüttelt, fiel er ihm um den Hals und sagte, ihn herzhaft küssend, nun als Vater, freudig und stolz: „Gott zum Gruß daheim, lieber Hans endlich! Nun war plötzlich wieder Leben im Aichet=Schlössel und es sah drin aus, als wäre Fehde ausgebrochen und es werde zu einem Waffentanz allhier ge¬ rüstet. Die Zurüstungen waren aber sehr friedlicher Natur und die besorgten die Brigitta und die Annemarie aus Küche und Keller, und bald saßen sie alle bei wohlgedeckten Tischen und erzählten von Krieg und Leid und Lust und Freud im fremden Land— droben der Kyrisser einem Vater, drunten in der Gesinde¬ tube des Kyrissers Leute den Haus¬ insassen vom Aichet=Schlössel — und als endlich die Leutchen, gar mancher etwas schwer, die Ruhe suchten, sagte die Anne¬ marie, als sie der alten Brigitta „gute Nacht“ wünschte, noch in der Tür im röhlichen Scherz: „Hab' mich wohl geirrt heut' nach¬ mittag, Frau Brigitta — jetzt scheint's mir ganz gewiß: morgen steht unser Herr nicht mit dem linken Fuß zuerst aus dem Bette auf, drauf könnt ich schwören!“ „Ist und bleibt ein kecker Schnabel, die“ meinte Brigitta und humpelte lachend in ihre Kammer. Auf welche Weise Junker Hans seinem Herrn Vater die Sache mit der Ver¬ lobung mit Adelheid beigebracht hatte, ist nicht sicherzustellen, auch nicht, wie der alte Fuxberger diese Nachricht aufgenom¬ men, gewiß aber ist, daß der Alte des anderen Vormittags im Sonntagsstaat das Sträßlein in die Stadt zu wanderte, gar feierlich und ernst und zögernd, wie wenn er erschrecklich Ernstes vorhabe.

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