fehlte es ihm ja auch nicht. Er war ein Hammermeisterssohn und seine Mutter hatte als einziges Kind ihrer Eltern seinem Herrn Vater, nebst Haus und Hof, das Meisterrecht vom Messerer¬ gewerbe mitgebracht in die Ehe und Herr Martin hatte nach seines Herrn Vaters Tode das Hammerwerk und die Messer¬ schmiede übernommen und ein hübsch Stück Bargeld dazu, denn sein Herr Vater war ein gar fleißiger, sparsamer Mann gewesen — Gott lasse ihn seelig ruhen! Und Herr Martin hob bei diesem Gedanken an seinen Vater in kindlicher Ehrfurcht das reich in Gold gestickte Hauskäppchen, so er als liebes Geschenk einer auch schon längst dahingegangenen herzensguten Frau hoch in Ehren hielt Er hatte dann wacker geschaffen, war reich und angesehen geworden und Vor¬ steher der Messererzunft in Steyr und war ein gar streitbarer Bürger und an¬ hänglich an den Kaiser und die Stadt allzeit gewesen in den Stürmen jener Zeit, wo Krieg und Ungemach gar nicht enden wollten hier im Land. Als dann König Matthias von Ungarn im Jahre 1477 den deutschen Kaiser Friedrich IV dem Stadt Steyr zu Eigen war, mit Krieg überzog und Steyr belagerte, hatte er wacker mitgeholfen, die Ungarn abzu¬ weisen, und zog an der Spitze der Messerer von Steyr mit aus, Rohrbach!) zu belagern, wo sich die Ungarn festgesetzt hatten. Die Belagerung mußte aber aufgehoben werden, weil die Messerer nach Hause zogen und er mit heim mußte, um seine Zunftgenossen zu beruhigen. Gar wacker hatten er und sein Jugend¬ freund, der Wilhelm Gutbrod, des reichen Eisenhändlers am Stadtplatz Sohn, manch harten Strauß ausgefochten, und als im Jahre 1787 der Kaiser mit König Matthias einen Waffenstillstand schloß, waren sie beide wieder zur bür¬ gerlichen Arbeit zurückgekehrt und sahen mit Freude ihr Hab und Gut wachsen und gedeihen, aber auch ihre Kinder, Herr Martin seinen Sohn und Herr 1) Vier Stunden von Steyr. 7197 99 Wilhelm seine Tochter, und die Väter schmunzelten nur listig und wohlgefällig, hörten sie ab und zu davon munkeln, daß die Gutbrod Adelheid, das schöne, schlanke Ding mit den blitzenden Blau¬ augen, die so ganz besonders fröhlich in die Welt schauen konnten, und des Fux¬ bergers strammer Sohn, der ruhige, leißige, aber auch zu Zeiten sehr schalk¬ hafte und mutige Hans, der ritt und ocht, so schneidig wie sein Herr Vater, ich gar nicht ungern sähen und einmal ein Paar zu werden bestimmt waren, wie es zu Stadt Steyr kein zweites gäbe so zu einander so gut paßte und Herr Martin ließ seinen Sohn Hans der Adelheid hofieren, in allen Ehren natürlich, und Herr Wilhelm hatte nichts dagegen, wenn sein Töchterlein den Hans freundlicher ansah und ihm vertrau¬ licher zulächelte als anderen. Aber nichts geht auf dieser Welt so seinen Gang, wie der Mensch es sich denkt, denn das Schicksal ist es, das den Lebenslauf der Menschen lenkt und auch denen Sorgen, Leid und Kummer bringt, die davor gefeit erscheinen nach mensch¬ licher Berechnung. Vier Jahre vor der Wende des Jahrhunderts war Herrn Martin die treue Lebensgefährtin durch den Tod entrissen worden und da hatte er sich enger noch an seinen Freund Gutbrod angeschlossen, schon um der Kinder willen, und beim „Elefanten drunten in der „Enge“ in der Stadt saßen sie allabendlich, der Herr Martin und der Herr Wilhelm im Hinterstübchen, machten Pläne für die Zukunft, sprachen von ihren Kriegsabenteuern und taten dem guten Tropfen des Wirtes nach alter, „guter“ deutscher Sitte dabei alle Ehre an. Und der „gute Tropfen“ löste ihnen dabei die Zunge, aber auch ihre dicke Freundschaft, denn als sie einmal über die „Rohrbacher“ Geschichte sprachen, er¬ hitzte der Wein ihre Köpfe: Herr Wil¬ helm fand, daß Herr Martin die Sache „verpatzt“ habe und daß ewig auf ihm ein „Schandfleck“ hafte, weil er mit seinen Messerern so schnöde „ausgewischt“ 77
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