76 komitee des Eisenbahnausschusses des Abgeord¬ netenhauses an den Kreditüberschreitungen bei den Alpenbahnen geübt, dürfte nicht zuletzt diese Demission verursacht haben. Die Frage der italienischen Universitätskurse in Innsbruck, welche schon in der früheren Be¬ richtsperiode Anlaß zu stürmischen Protesten und Demonstrationen der deutschen Studentenschaft und der deutschen BevölkerungTirols gegeben hatte, führte in der gegenwärtig besprochenen Periode zu schweren Konflikten in Innsbruck. Italienische Studenten schossen am 3. November 1904 aus Revolvern auf deutsche Studenten, welche den Provokationen der ersteren entgegentraten; es kam zu förmlichen Straßenkämpfen, wobei dem Eingreifen des Militärs unter anderen auch der Maler Pezzey zum Opfer fiel — ein Kaiser¬ jäger italienischer Nationalität, namens Luigi Minotti, hatte ihm von rückwärts das Bajo¬ nett ins Herz gestoßen. —Das Gebäude, in welchem die italienische Rechtsfakultät unter¬ gebracht war, wurde demoliert und nur mit Mühe konnte die Ruhe wieder hergestellt werden. Die Kurse sind bis heute noch nicht wieder er¬ öffnet und die Frage nach der Stadt, nach welcher diese Kurse aus Innsbruck verlegt werden sollen, ist bis heute noch nicht definitiv gelöst. Eine Aeußerung des Statthalters für Dal¬ matien, Baron Handel, welche von den sämtlichen italienischen und slovenischen Abgeord¬ neten des Landtages als eine Beleidigung des Landes selbst aufgefaßt worden war, führte in der Eröffnungssitzung dieses Landtages am 6. Oktober 1904 zu einer namens beider Par¬ teien abgegebenen geharnischten Erklärung gegen den Statthalter, welche mit der Schließung des Landtages beantwortet wurde, und in weiterer Folge zur Versetzung Baron Handels in ein anderes Kronland. Die Frage der slavischen Parallelklassen an den deutschen Lehrerbildungsanstalten in Schle sien hat zu Weiterungen zwischen dem schlesischen Landtage und der Regierung und auch zu De¬ monstrationen in deutschen Städten Schlesiens geführt. Die im Juni 1905 erfolgte Demission des Landespräsidenten von Schlesien, Grafen Thun, war wohl die Folge dieser Ereignisse. Mit großer Genugtuung wurde seitens der Wiener Bevölkerung die am 24. Oktober 1904 erflossene Entscheidung des Reichsgerichtes be¬ grüßt, womit die Beschwerde der „Wiener Tschechen“ wegen verweigerter Errichtung öffent¬ licher tschechischer Volksschulen in Wien als un¬ begründet zurückgewiesen wurde. Durch die am 5. Jänner 1905 publizierte Sanktionierung des vom niederösterreichischen Landtage beschlossenen Gesetzes über die gänz¬ liche, respektive teilweise Einverleibung der Ge¬ meinden Floridsdorf, Groß=Jedlersdorf, Kagran, Breitenlee, Mannswörth, Strebersdorf, Stam¬ mersdorf, Langenzersdorf, Hirschstetten, Stadlau, Aspern und Leopoldau, der sogenannten Donau¬ gemeinden, und der Lobau, welche nun den 21. Bezirk (Floridsdorf) bilden, in das Wiener Gemeindegebiet, hat Wien einen Zuwachs von 9314 Hektar Fläche, 52.000 Seelen und 236 Häusern erfahren. Durch diese fünfte Stadterwei¬ terung kommt Wien auf einen Stand von rund 1,868.300 Bewohnern. Am Schlusse der ersten Septemberwoche 1904 beging die niederösterreichische Stadt Mödling unter großer Beteiligung der Bevölkerung Niederösterreichs und insbesondere Wiens in prunkvoller Weise das Fest ihres tausendjährigen Bestandes. Den Glanzpunkt der Festlichkeiten bildete, neben einer Reihe historischer Festspiele in der Stadt selbst, ein prächtiger historischer Festzug, der sich durch die feierlich geschmückte Jubiläumsstadt zum eigentlichen Festplatze bewegte, woselbst am Fuße der Burg Mödling — die Jubiläumsfeier zu allerhand Kurzweil und Festlichkeit Anlaß gab. Die 100jährige Gedenkfeier des Todestages Friedrich Schillers (9. Mai 1805) wurde in Wien in der festlichsten Weise begangen. Der schönste, poetischeste und zugleich wirksamste Teil der Wiener Schiller=Festlichkeiten war der von der Stadt Wien veranstaltete Festzug der Schul¬ kinder zu dem, den Platz vor der Akademie der bildenden Künste zierenden Schiller=Monument Es war ein wahrhaft reizendes Schauspiel, das jedem, der seiner Zeuge ward, unvergeßlich bleiben wird Im Kunstleben Wiens herrschte rege, wenn auch nicht immer erfreuliche Bewegung; sowohl im „Hagenbunde“ als auch in der Sezession kam es aus eigentlich rein persönlichen Motiven zu Sezessionen und Gustav Klimt provozierte einen Konflikt mit dem Ministerium für Kultue und Unterricht, weil dieses, schließlich doch die Unmöglichkeit einsehend, die von Gustav Klimt für den großen Festsaal der Wiener Universität
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