Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1906

fügen: „Wer bist du und was tust du hier?“ „Ich bin“, spricht die traurige Gestalt, „ein armer Blinder, den man heute aus dem Hause stieß und der noch kein Ob¬ dach hat. Ein Blinder . . . Das klang wie Ret¬ tung in dem Ohre des Verbrechers. Er hatte also nichts gesehen, der augen¬ lose Zeuge! S 25 1 S 25 1 an 2 Smng — Felix Paumgartner gab ihm ein Silberstück und riet ihm, hier den Tag oder die Ankunft der Scharwache abzu¬ warten, die ihm ein Obdach schaffen müsse; dann suchte er seine Wohnung auf. Am folgenden Tage wurde, kaum eine Viertelstunde von der Stelle, an der das Verbrechen verübt worden, bei einer Mühle, im seichten Gewässer des Bode¬ armes, Auroras Leichnam gefunden. 55 Welche Feder vermag es, den Jammer, das Entsetzen, die Verzweiflung in des Goldschmieds Hause zu schildern! Der unglückliche Vater war vernichtet, als in einem Hause die Besichtigung der Leiche stattfand und die dunkelblauen Spuren an ihrem schönen Halse den Mord durch Erwürgen bezeugten, als er selbst der Wahrheit gemäß bekennen mußte, daß er einem Gehilfen Theobald sein Kind in S Sen □ S SS * — Serre jener Nacht, um es nach Hause zu be¬ gleiten, anvertraut habe. Wer anders als „ er konnte der Tater sein? Theobald war mehr wie vernichtet. Er war im eigentlichen Sinne nichts mehr. Er ließ sich ruhig verhaften. Sein Leben war dahin; er sagte nur: „Ich habe es nicht getan!“ . . . und dies vom höchsten Jammer erstickte Wort war es, was er, in immer näher der geistigen Zerrüttung, jedem folgenden Verhör wiederholte.

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