Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1906

matratze und legte sich zur Ruhe. Kaum fünf Minuten später herrschte tiefe Stille. Dann und wann hörte ich den Grob¬ schmied, der mit dem Hammer die Runde machte und sämtliche Eisengitter und Schlösser prüfte. Dann und wann tampfte die Schildwache, das Gewehr über die Schulter, vorbei. Mitunter hörte ich einen Sträfling im Traume stöhnen 2 C oder an seinen Fesseln rütteln. Mein Ge¬ fährte lag in tiefem Schlaf, und selbst ich verlor endlich das Bewußtsein. Mein Urteil lautete auf schwere Ar¬ beit. In Toulon ist dieselbe verschieden¬ artig, Steinebrechen, Minieren in den Werften, Ein= und Ausladen von Schif¬ fen, Fortschaffen von Munition. Gasparo und ich waren mit ungefähr zweihundert anderen Sträflingen in einem Steinbruch 35 beschäftigt, der nicht weit vom Hafen lag. Tag für Tag, Woche für Woche, von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends, hallten die Felswände von unse¬ ren Streichen wider. Bei jedem Streiche schlugen unsere Ketten mit rasselndem Klang gegen den steinigen Boden. In enem bösartigen Klima wechseln wäh¬ rend des ganzen Sommers und Herbstes 11 ∆ 9 7— — 1) 9 — schreckliche Ungewitter mit tropischer Dürre. Oftmals kehrte ich nach langstün¬ diger Arbeit in brennender Sonnenglut bis auf die Haut durchnäßt zu meiner Pritsche zurück. So ging der traurige Frühling langsam vorüber, ein trauriger Sommer folgte und die Herbstzeit nahte. Mein Gefährte war ein Piemontese. Er war Einbrecher, Falschmünzer und Mordbrenner gewesen und hatte auf sei¬ 3*

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