14 liko, gnädiges Fräulein. Befehlet Ihr, daß ich sie heraufführe? „Aber das hättet Ihr mich doch nicht erst zu fragen brauchen, Leuprecht!“ ries Alharde, erregt von ihrem Stuhle im Erker aufspringend. „Sofort führt sie hieher — bewirtet sie — gebt ihnen, □ was sie nur begehren!“ Iyr Herz pochte so heftig, daß es ihr fast den Atem be¬ nahm. Mit brennenden Augen blickte sie „ auf die Ture, durch welche die längst „ sehnsuchtig erwarteten Boten eintreten mußten. Sie kamen bald genug, um ihr Nachrichten zu bringen, die sie nieder¬ schmetterten Ottokar war in der heißen Schlacht bei Muhldorf am 25. August von Her¬ zog Heinrich von Bayern besiegt worden. Seine Niederlage war eine vollständige gewesen, ja, er, der stolze Eroberer, hatte ogar auf den Knien um Frieden bitten mussen. Gar viele waren gefallen in der Schlacht, unter andern auch — der Rit¬ ter Friedrich Kalch von Fürsteneck. Re¬ liko— so erzählten die beiden Män¬ ner — hatte ihm— wohl seiner Tochter zuliebe — noch beistehen wollen gegen den auf ihn einhauenden Bayern, da hatte ein Schwerthieb über die Schulter ihn kampfunfähig gemacht. Darauf war der Knabe von Ottokar mit eigenen Armen aus dem Getümmel getragen; der Ritter Kalch war jedoch von dem Bayern erschlagen worden.— Und Ottokar hatte sie, die beiden Männer, hiehergeschickt, ihr all das zu sagen. Er selbst wollte in Bälde nachkommen. Da saß Alharde, die Hände vor das Gesicht geschlagen, und weinte herz= brechend. Die Seiboltin, welche ihrMut einsprechen wollte, wies sie zurück und erst nach einer Weile richtete sie sich selbst auf, indem sie sagte: „Habe ich so lange das Unglück er¬ tragen, ohne zu jammern, so will ich auch jetzt nicht verzweifeln. Dank euch, ihr Männer, für eure Müh' und Treu'. Ihr seid meine lieben Gäste, bis euer Herr kommt. — Der unsere, Leuprecht, kehrt, wie Ihr eben vernommen, nie mehr wie¬ der. Weiht meinem Vater, ich bitte Euch herzlich darum, ein freundliches Geden¬ ken. Er hat gesühnt, was er in seinem Leben gefehlt.“ 3: 4 Abermals ging ein Wehschrei durch's Waldland bei der Rückkehr der Horden die, von Blut und Hunger gereizt, nun vollends zu Bestien geworden waren. Die letzten Reste des Respekts vor ihrem Fürsten vergessend, stürzten sie sich wie wütende Wölfe auf alles, was ihnen in den Weg kam. So kamen sie auch, noch vor Ottokar, auf Fürsteneck, das sie im Nu erstürmt hatten. Die Bewohnersahen von jähem Schrecken gelähmt, wort= und wehrlos ihrem Tode entgegen. Einem gräßlichen Tode, wenn allen so geschah wie dem Vogte Leuprecht, der mit zer¬ fleischtem Leibe tot im Schloßgraben lag. Der alten Seiboltin hatte zum Glück ein Herzschlag ein schnelles Ende bereitet. Die übrigen weiblichen Bediensteten waren zu Alharde in eine Kammer ge¬ sperrt worden, wo sie, von zwei Sol¬ daten bewacht, weiteres erharren konnten. Alharde sah aus wie eine Leiche und ebenso regungslos saß sie da. Nur ihre Augen brannten von einem Feuer, wie es noch nie in ihnen geglüht. Immerfort waren sie nur auf das einzige Fenster des Gelasses gerichtet, das unvergittert war. Und dabei zählte sie die Minuten, die voraussichtlich noch vergehen würden bis zu dem Augenblick, in welchem sie sich aus demselben stürzen würde. Denn nichts anderes gab es mehr für sie. Es wurde Abend, ohne daß die Plün¬ derer Zeit fanden, sich der Frauen zu er¬ innern. Die wachehaltenden Soldaten wurden ungeduldig und entfernten sich, um ihren Anteil an der Beute nicht zu versäumen. Allerdings hatten sie nicht vergessen, vorher die Türe aufs sorg¬ fältigste zu verriegeln. Alharde stellte sich auf einen Stuhl ans Fenster und blickte hinaus in den dämmernden Wald. Außer dem Rau¬ schen desselben und dem verworrenen Gelärm der Krieger unten vernahm sie
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