„Woltern (Ja)! Richtig hab'n 's ihn in d'’ Frohnfest' g'steckt! „Ist er gutwillig mit den Schergen gangen?! „Anfangs g’wiß nöt! Machen hat er aber nix können, wegen demselben Ket¬ terl um die Händ'! Nachher ist er jedock ganz dasig (geduldig) mitgegangen! Du! Die Leut' hättest sehen sollen drin z' Waldmünchen, dös G'schau und dös Gerenn, als d' Gendarmen den reichen Hirschhoferbauern ein'bracht haben!“ „Hat er denn den Schmied von Pföde¬ ring wirklich erstochen?“ forschte die Schindlhoferin nun weiter. „Dös glaabst! Maustot! Der kimmt nimmer, den macht der Spitzwürfel, so g’wiß i da auf der Leiter steh', um einen Kopf kürzer!“ „Dös sell glaub' i nimmer; neamdt hat's g’seh'n, wie der Schmied derstochen worden ist!“ erwiderte heftig die Jung¬ bäuerin. „Macht alles nix! Der Kopf wird ihm doch 'runterg’hauen, und wir krieg'n uns’re Ruh vor dem Lackl (ungeschlach¬ ten Mensch), gelt, Kathl!“ Der verwachsene Bursche hatte bei den letzten Worten die Hand der Jungbäue¬ rin erfaßt, die sie ihm nur widerwillig überlassen hatte; als er aber, nun kühner geworden, die Arme ganz auf das Fenster¬ brett legte und Kathis Hüften umschlin¬ gen wollte, da wehrte diese heftig sol¬ ches Tun ab und schloß mit den Worten „Laß die Dummheiten!“ schnell das Fenster zu. Nachdem der Bursche eine Weile ver¬ gebens geharrt hatte, ob sich die schöne Schindlhoferin denn gar nimmer dazu verstehen wolle, nochmals ihr Fenster vor ihm zu öffnen, was aber nicht mehr geschah, kletterte er mit leisem Schelten die Leiter wieder herab, und nachdem er sie an demselben Ort geborgen, wo er sie vorher weggenommen hatte, zog er quer¬ feldein seines Weges in das Dunkel der Nacht. * * * 13 Fast ein Jahr verstrich, bis endlich die so Untersuchung gegen den Hirschhofer weit gediehen war, daß er gemäß Aus¬ sage des durch ihn verletzten Schusters vor das Schwurgericht gebracht werden konnte, das damals infolge der Revolu¬ tionsjahre 1848/49 eine noch ganz neue Einrichtung war. Wirklich bildete sein Fall einen der ersten des zum ersten Mal in Amberg zusammengetretenen Schurgerichts, und dieses erkannte auf Grund der vom Schuster beschworenen Aussage nicht auf Mord, sondern nur auf Körperver¬ letzung, und bestimmte, daß die für die¬ ses Vergehen ausgesetzte Gefängnis¬ strafe durch die lange Untersuchungshaft gebüßt sei. So konnte denn gerade am Allerseelentag frei von Schuld und Strafe nach beendeter Verhandlung ver¬ Martl den Schwurgerichtssaal Platz lassen! .... Auf dem freien Ent¬ vor dem Amtsgebäude sog er mit zücken die frische Winterluft ein, denn die lange, schwere Haft hatte dem so sehr an das Leben im Freien seiner zwar rauhen, aber gesunden Waldheimat ge¬ wöhnten Martl arg zugesetzt! Bleich waren nun seine vordem so gebräunten Wangen, sie hatten Wachsfarbe ange¬ nommen, und die Augenränder zeigten sich gerötet, Beine und Arme abgema¬ gert, kurz, die einstige Schwungkraft und Lebenslust war dem wieder Frei¬ gewordenen ganz abhanden gekommen. Die Kleider schlotterten ihm am hager so gewordenen Leibe, denn durch das Entbehren der gewohnten lange Schmalzkost magerte er ganz ab und schlich gebeugt wie ein Greis seines Weges! Sein wenn auch hier und da □ überschäumender Junglingsmut und die Keckheit seines Wesens waren mit der Jugendfrische in der dumpfen Keusche der Frohnfeste für immer zurückgeblie¬ ben, und nachdem er, so lange es ging, die Post benützt hatte, kehrte er, den Rest seines Heimweges zu Fuß machend, auf abgelegenen Seitenpfaden auf seinen Scheu nicht mehr fernen Hof zurück. wich er jedem ihm Begegnenden aus, da
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