Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1905

156 Redakteur des „Steyrer Volksfreund“ Her¬ mann Finger, Bürstenmachergehilfe, und Anton Duchatschek, Drechsler Der „Deutsche Volksverein für den Traunkreis in Steyr“ hatte keine Wahlwerber aufgestellt und seinen Gesinnungsgenossen die Beteili¬ gung an der Wahl freigestellt. Der erste Wahlgang am 18. März blieb unentschieden. Von den 3308 dem IV. Wahlkörper ange¬ hörigen Wahlberechtigten beteiligten sich 2101 an der Wahl. Es wurde in drei Sek¬ tionen gewählt, wobei insgesamt 2090 gültige Stimmen abgegeben wurden, so daß die ab¬ solute Majorität 1046 Stimmen betrug, welche Stimmenanzahl keiner der nominierten Wahlwerber erreichte. Die deutschfortschritt¬ lichen Kandidaten erhielten 763—917, die sozialdemokratischen 733—805, die christlichen 367—541 Stimmen. Infolgedessen wurde zwischen den deutschfortschrittlichen und ozialdemokratischen Kandidaten eine Stich¬ wahl notwendig, welche am 19. erfolgte Das christliche Wahlkomitee hatte seine Parteigänger aufgefordert, ihre Stimmen für die ersteren abzugeben, und so erhielten Max Willner 1021, Josef Wolf 1005, Wilhelm Schertler 995 und Josef Mann 971 Stimmen, welche somit als gewählt erschienen. Die sozialdemokratischen Kandi¬ daten blieben mit 715—761 Stimmen in der Minderheit. — Im III. Wahlkörper wurden am 21. März die bisherigen deutschfort¬ schrittlichen Gemeinderäte Alexander Busek, Tischlermeister, mit 449, und Anton Stippl, Apotheker, mit 447 Stimmen, sowie der kon¬ ervative Gemeinderat Josef Hack, Messer¬ abrikant, mit 333 Stimmen wiedergewählt. Sonst waren in diesem Wahlkörper keine Kandidaten aufgestellt worden. Von den 821 in diesem Wahlkörper Wahlberechtigten hatten sich 455 an der Wahlbeteiligt, welche für diese drei Wahlwerber zusammen 1238 gültige Stimmen abgaben. Bei der Wahl aus dem II. Wahlkörper am23. März wurden die ausgeschiedenen deut chfortschrittlichen Gemeinderäte Dr. Franz Angermann, Advokat, mit 257, Ferdinand Gründler jun., Eisenhändler, mit 260, und Josef Hiller, Händschuhmacher und Bandagist, mit 260 Stimmen wiedergewählt, und für den gewesenen Gemeinderat Matthias Perz, welcher infolge schwerer Erkrankungeine Wiederwahl abgelehnt hatte, wurde der von deutschfortschrittlicher Seite kandidierte Kaufmann Michael Meditz mit 246 Stim¬ men neu gewählt. Von den 532 Wahlbe¬ rechtigten in diesem Wahlkörper waren 271 zur Wahl erschienen und hatten 1029 gültige Stimmen abgegeben. — Im I. Wahlkörper war nur ein Mandat zu besetzen und der bisherige deutschfortschrittliche Gemeinderat Ferdinand Handstanger, Bahnamtsvor¬ stand i. P., wurde mit 267 Stimmen (bei 665 Wahlberechtigten) wiedergewählt. Am 20. März fand im großen Festsaale der Industriehalle zu Steyr wieder ein großes Konzert der „Gesellschaft der Musikfreunde“ statt. Zur Auf¬ führung kam die Leonoren=Ouvertüre op. 138 von L. v. Beethoven, Quintett op. 34 für Pianoforte, zwei Violinen, Viola und Violon¬ cello von Johannes Brahms und Anton Bruckners zweite Symphonie in C-moll. Die Aufführung wurde vom Musikdirektor Franz Bayer geleitet, in allen ihren Teilen vor¬ züglich durchgeführt und fand den lebhaftesten Beifall des zahlreichen Publikums sowie die ungeteilte Anerkennung aller Kunstver¬ ständigen. Im 70. Lebensjahre starb am 20. März in Steyr die Private Anna Maria Bag¬ frieder, die Mutter des Schneidermeisters Karl Bagfrieder; ferners im jugendlichen Alter von 21 Jahren die ledige Fabriks¬ schlossers=Tochter Wilhelmine Juhasz In Reichraming starb am selben Tage der Gemeindepflegling Jakob Hagauer im 78. Lebensjahre. Er war seit zehn Jahren infolge eines Unfalles erblindet und diente seinerzeit im 3. Feldjägerbataillon, in welchem er die Kämpfe der Jahre 1848 und 1849 mitmachte. An diesem Tage verschied ferners in Hinterstoder der pensionierte Schulleiter Alois Kiniger. Er wirkte seinerzeit in Steinbach am Ziehberg, Steyrling und zu¬ letzt in Hinterstoder. Ein hervorragender und verdienstvoller Mitbürger der Stadt Steyr verschied am 21. März mit dem 62jährigen Kaufmann und Hausbesitzer Matthias Perz, eine im öffentlichen Leben hochgeachtete und bekannte Persönlichkeit. Der Verstorbene war in Unterkrain gebürtig, kam 1862 nach Steyr und verehelichte sich sechs Jahre später mit einer Cousine Pramendorfer, nachdem er vorher ein Galanteriewarengeschäft über¬ nommen hatte. 1878 vermählte er sich, nachdem seine Gattin 1873 starb, zum zweitenmale mit der Schwester Marie des Gemeinderates Karl Heindl, welche ihm gleichfalls schon vor Jahren im Tode vorausging. Seit 1876 gehörte Matthias Perz dem Gemeinderate an, wohin ihn die Deutsche Fortschrittspartei entsendete. Von 1886 bis 1895 fungierte er als Obmann der Finanzsektion. Erst in diesem Jahre hatte er in Anbetracht seiner leidenden Ge¬ undheit eine Wiederkandidatur abgelehnt. Seit der Gründung der Pfandleihanstalt 1874 war er Verwaltungsrat und nach dem Ableben des Bürgermeisters Redl Präsident derselben. Gemeinderat Perz war auch Direktionsvorstand=Stellvertreter der Spar¬ kasse, Ehrenmitglied des k. k. priv. Bürger¬ korps, ehemaliger Handelskammerrat und Mitglied vieler Vereine. Er hinterließ keine Kinder, wohl aber mehrere Brüder, von

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