Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1905

138 des Abg. Dr. Leopold Kern freigeworden war. Von dem deutsch und freiheitlich gesinnten Wahlausschusse wurde zufolge Beschlusses einer Vertrauensmännerver¬ sammlung in Linz der Parteisekretär der Deutschen Volkspartei in Oberösterreich Schriftleiter Hans Schögl in Linz, als Wahlwerber aufgestellt. Von konservativer Seite wurde Hochw. Georg Baumgartner, geistlicher Rat und Pfarrer in Weyer, kandidiert, während von sozialdemokratischer Seite wieder der Zeitungsherausgeber Anton Weiguny in Linz als Kandidat der Arbeiterpartei nominiert wurde. Die Deutsche Fortschrittspartei in Steyr pro¬ klamierte Wahlenthaltung.* Wahl¬ Der kampf wurde durch viele Wochen mit großer Heftigkeit geführt, was eine sehr starke Be¬ teiligung der Wählerschaft bei der Wahl zur Folge hatte. Als gewählt erschien mit erdrückender Majorität Pfarrer Georg Baumgartner, welcher 22.112 Stimmen erhielt. Auf Hans Schögl entfielen 5308, auf Anton Weiguny 3509 Stimmen. Im ganzen waren 31.014 gültige Stimmen ab¬ gegeben worden, 85 Stimmen warenzer¬ splittert, 158 ungültig. In Stadt Steyr hatte Baumgartner 646, Schögl 398 und Weiguny 899 Stimmen erhalten. In Steyr waren im ganzen 3515 Wahlberechtigte. Schögl erzielte in vielen Gebirgs= und In¬ dustrieorten ansehnliche Stimmenzahlen, darunter in einer ganzen Reihe von Orten sogar die Majorität, wurde aber im all¬ gemeinen, insbesonders von den Wählern am Lande, niedergestimmt. Der neuge¬ wählte Reichsratsabgeordnete des II. Wahl¬ kreises der V. Kurie in Oberösterreich, Pfarrer Georg Baumgartner, ist im Jahre 1860 zu Steyrling geboren, absol¬ vierte das Gymnasium am Freinberg in Linz, erhielt 1884 die Priesterweihe, war dann bis 1902 Kooperator in Wels, in welcher Zeit er 14 Jahre Redakteur der „Welser Zeitung“ und auch deren Mitbe¬ gründer war, und ist seit Herbst 1902 Pfarrer in Weyer. Am 9. Dezember starb in Steyr die Fabriksarbeitersgattin Aloisia Langer¬ bauer, geb. Graf, die Mutter des Kon¬ fektionärs Leopold Schagerl, im Alter von 69 Jahren. Am 10. Dezember starb in Wiener Weg bei Micheldorf die mehrere Jahre im Mandl= schen Gasthause in Ternberg bedienstet ge¬ vesene Therese Angerer im 26. Lebens¬ jahre. Beim Leichenbegängnisse ank die Mutter derselben, gleichen Namens, plötz¬ lich vom Schlage getroffen zu Boden und verschied alsbald. In Losenstein starb am 11. Dezember die 66 Jahre alte, verehelicht gewesene Private Josefa Steiner, eine Nichte des Volksdichters Anton Schlosser, welche Be¬ sitzerin des Hauses Nr. 128 in Stiedelsbach war, wo der Dichter seine Jugendzeit ver¬ lebte. Ferner starb an diesem Tage in Losen¬ stein der gewesene Glasermeister und Haus¬ besitzer Franz Neubauer im hohen Alter 84 Jahren. von Am 12. Dezember verschied in Steyr die Staatsbahnamts=Vorstandstochter Aurelia Jahren. Handstanger im Alter von 29 Bei der am 12. Dezember stattgehabten Lizitation der Gemeindejagd in St. Ulrich wurde dieselbe um 1600 K von Johann Lugmayr (Seppbauer) zu Jägerberg er¬ standen. Der Bienenzüchterverein für Steyr und Umgebung hielt am 13. Dezember in der „Schwechater Vierhalle“ seine zweite Generalversammlung ab, in welcher der bis¬ herige Vorstand Josef Kunz mit Rücksicht auf eine angegriffene Gesundheit eine Wiederwahl ablehnte. An seiner Stelle wurde Prof. S. Weber zum Obmanne gewählt, über dessen Antrag in Würdigung seiner Verdienste um den Verein der lang¬ ährige bisherige Vorstand Josef Kunz welcher auch an der Spitze des früheren Bienenzüchter=Zweigvereines gestanden hatte, zum Ehrenvorstande ernannt und ihm zur Erinnerung ein großes photographisches Tableau der ältesten Bienenzüchter des Vereines überreicht wurde. Unerwartet schnell verschied am 13. De¬ ember mittags in Steyr der Exz. Graf Lambergsche Güterdirektor Dr. Johann Parger im 58. Lebensjahre. Inmitten einer Tätigkeit in der Kanzlei wurde er plötzlich von einem Schlaganfalle betroffen und eine Stunde später verschied er, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben Dr. Parger trat im öffentlichen Leben zwar nie hervor, erfreute sich aber bei allen, die ihn kannten, der größten Wertschätzung. 1846 in Linz geboren, absolvierte er die juridisch=politischen Studien an der Uni¬ versität in Wien, machte ein Jahr Rechts¬ praxis beim dortigen Landesgerichte, war dann Konzeptsadjunkt und Konzipist beim Stadtmagistrate in Linz und kam im Oktober 1871 als Stadtsekretär nach Steyr. Drei Jahre später trat er als Direktionsadjunkt in die Dienste der Herrschaft Steyr und wurde 1877 zu deren Güterdirektor ernannt, als welcher er die umsichtigste Tätigkeit ent¬ wickelte. Schon als Stadtsekretär hatte er ich in Steyr mit seiner Gattin Marie, geb Mayr, einer Schiffmeisterstochter, vermählt, welche er nunmehr mit drei Söhnen und zwei Töchtern tieftrauernd zurückließ.An dem feierlichen Begräbnisse nahmen teil Se. Exz. General der Kavallerie Heinrich Graf Lamberg mit Gemahlin Gräfin Eleonore Lamberg sowie die Angestellten, Beamten, Förster und Jäger der Herrschaft,

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