wutschnaubende Meister Werner versah, war er in Eisen gelegt und wanderte in den Hungerturm, wo er, am Tore ange¬ langt, grad im düsteren Scheine der Fackeln noch sehen konnte, wie mehrere Knechte seine beiden Söhne im Gange der zu den Kerkerzellen führte, mehr vor sich her= und in die Zellen hineinstießen als führten, wie gleich darauf ihn selber. VI. Die Nachricht von der Verhaftung Meister Werners und seiner beiden Söhne unter so schwerem Verdachte erregte in Stadt Steyr nicht geringes Aufsehen und jetzt hatten es merkwürdigerweise alle schon lange gewußt, daß es so und nicht anders hatte kommen müssen. Wie der Blitz aus heiterem Himmel aber wirkte sie auf die Gundel und wortlos und ohne Tränen tat sie ihre Arbeit. Schrecklicher kann ja einer guten Tochter doch nichts erscheinen im Leben, als Vater und Brüder unter dem Verdachte des Mordes im Kerker zu sehen. Wenn es ein Trost war, so war es dieTatsache, daß sich niemand von ihr und ihrer Mutter jetzt abwandte, sondern daß ihnen Nachbarn und fremde Leute nur Teilnahme entgegenbrachten und laut und offen für ihre Unschuld und ihr Un¬ glück eintraten und nicht zuletzt die „Godel des Mädchens. So streng sie war und so rauh im Wesen, sie sah recht gut ein, wie die Gundel unter der schweren Anklage litt, die wider ihren Vater und ihre Brüder erhoben wurde, und wie sehr sie sich schämte vor den Leuten sich zu zeigen, und sich selber förmlich als ehrlos betrachtete, und das tat der guten Frau gar weh, denn sie wußte, was der Gundel und ihrer Mutter nach Verurteilung von Vater und Brüdern in der Heimat bevorstand, ie würden trotz der allgemeinen Stimmung für die beiden, doch für minderwertig unter den ehrlichen Leuten gelten. Und da wollte sie tun, was geschehen konnte, und eines Tages uchte die Erbpächterin den Stadtrichter und den Burggrafen drinnen ihnen die Sache ihres Goden¬ auf und trug 115 kindes in so ergreifender, eindringlicher Weise vor und bat so flehentlich, doch auf die Unschuldigen Bedacht zu nehmen, daß die edlen Herren ein menschlich Rühren verspürten und der Bittenden ver¬ sprachen, zu helfen, soweit es möglichsei sich Und die edlen Herren erwiesen als wirklich edel, denn als der Stadt¬ richter am Stadtplatze zu Steyr das Urteil verkündete, daß Meister Werner und seine Söhne Gerold und Jakob des Raub¬ mordes an dem Abte Leonhard II. von Garsten, auch nach deren eigenem Ge¬ ständnisse, für schuldig befunden wurden und ihre grause Tat am Galgen sühnen sollten, fügte der Stadtrichter diesem Blut¬ urteile mit erhobener Stimme bei „Was der Ehrlichkeit der Wernerin und ihrer Tochter Kunigunde keinen Ab¬ bruch tut, indem wir diese zwei als in keinerlei Zusammenhange mit der Mord¬ oder der Raubtat befunden haben und ihre bürgerlichen Rechte und persönliche Achtbarkeit aus dieser Ursach nit ange¬ tastet wissen wollen, bei Straf des Bann's! Und das Beifallsgemurmel der Zu¬ hörer— und das waren fast alle Ein¬ wohner der Stadt — war ein Zeichen da¬ für, daß diese „Ehrlichsprechung“ Gundels und ihrer Mutter allseits Billigung fand Meister Werner und seine Söhne Jakob und Gerold wurden zu Anfang 7 1 des Jahres 1494 im „Föhrenschacherl gehenkt und starben wüst, wie sie gelebt hatten. Die Wernerin verkaufte ihr Haus in der Stadt und ging nach Linz, wo sie Verwandte hatte, und verblieb auch dort. Die Gundel aber blieb dankbar im Dienste ihrer Frau Godel und erhielt den Ertrag des goldenen Kelches, der ihrem Ohm, ihrem Vater und ihren Brüdern so viel Leiden gebracht hatte, als Erbe zugesprochen. Sie nahm aber zur das Geld nicht an und widmete es, für Sühne und als Stiftung zu Messen das Seelenheil ihrer Verwandten, dem Kloster Garsten. 1) Der einstige Richtplatz am Weg nach Sierning, abseits der Straße. 85
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