gleich klar darüber, ob es ein großes Bündel oder ein Mensch sei, der, zu¬ sammengekauert und gut in seine Gewänder gewickelt, hier etwa der Nachtruhe pflog. So stieg er denn die Stufen hinab und stocherte erst mit dem Stabende der Hellebarde an dem Bündel herum, bis er an dem eigenartigen Widerstande, welchen der Stab da fand, merkte, daß er es mit einem Menschen zu tun habe, der an¬ scheinend tief in Schlaf versunken und nicht zu erwecken schien. Er bückte sich und leuchtete dem vermeintlichen Schläfer in das Gesicht, fuhr aber sogleich mit er¬ einem Ruf des Entsetzens zurück, ganz mannte sich aber rasch und bog sich zu der Gestalt herab. „Himmel, der hochwürdigste Herr Abt“ murmelte Paul voll Erstaunen ob der seltsamen Sache, „was sucht der hier in nachtschlafender Zeit? Ist ihm doch nicht schlecht geworden?“ Er leuchtete genauer hin und hob den Kopf des Abtes. Eine klebrige, kalte Masse fühlte er dabei an seiner Hand und bald überzeugte er sich, daß es Blut sei, schon stark geronnen. Alle Heiligen stehen mir bei, der Abt ist verunglückt“, sagte er sich und sah mit immer wachsendem Entsetzen, daß das Antlitz des Abtes fast unkenntlich vom Blute war, das auch dessen Haar und Bart, dessen Hände und den Habit in großen Flecken bedeckte. Dazu schien der Abt leblos zu sein und dessen sonst so milde Augen stierten den Knappen so unbeweglich und derart gläsern und aus¬ druckslos an, daß den gewiß nicht ängst¬ er lichen Paul helles Grauen erfaßte, den Körper des Abtes wieder auf die so Stufen zurücksinken ließ und dann, schnell ihn seine vor Aufregung zitternden Füße nur trugen, die paar Stufen hinauf durch den Turm und den Verbindungs¬ gang ins Kloster eilte, erst den Pater Prior weckte und nachdem er demselben die schaurige Mähr mitgeteilt hatte, den Pater Arzt aus dem Schlafe polterte, und bald waren diese drei auf der Enns¬ stiege draußen um den Abt beschäftigt. „Da ist nichts mehr zu machen, sagte 109 der Pater Arzt nach eingehender Unter¬ suchung, „der Abt ist tot, muß noch lange vor Mitternacht verschieden sein, deutet alles darauf hin!“ Gott gebe ihm die ewige Ruhe“, er¬ widerte der Pater Prior, sich bekreuzigend „aber wie ist das so gekommen? Hat er sich zu Tode gefallen in der Finsternis? „Nicht doch“ meinte der Arzt, „der Abt ist ermordet worden. „Was sagt ihr, ermordet?“ „Nicht anders, Herr Prior seht doch elbst zu! Da sind gar schreckliche Wunden an der Stirne, im Gesichte, am Halse, an den Händen, mit einem Beile beige¬ bracht und jede einzelne ist für sich schon tödlich! Es ist gar kein Zweifel, der Abt ist auf die unmenschlichste Weise hinge¬ schlachtet worden! Schrecklich“murmelte der Pater Prior, welcher den Worten des Arztes ebenso aufmerksam gelauscht hatte, wie er dessen erklärenden Handbewegungen dabei gefolgt war, „ihr sagt es und es muß also wohl so sein! Tragen wir ihn ich in seine Behausung, das weitere will allsogleich veranlassen!“ Das geschah, nachdem erst auf wieder¬ holtes Läuten des Abtes Leibdiener Gerold sehr verschlafen in Miene und Haltung, die Gittertür geöffnet hatte und beim Anblicke der Leiche seines Ohms in ein urchtbares Wehegeschrei ausgebrochen war, so daß der Prior ihn nur schwer beruhigen konnte. Noch in der Nacht untersuchte der Prior die Wohnung des Abtes und stellte fest, daß fast alle wertvolleren Gegen¬ stände daraus fehlten. Der Leibdiener wußte von nichts, denn er hatte so tief geschlafen wie sonst nie, behauptete er und auch der Stadtrichter von Steyr, der früh am Vormittage mit dem Stadt¬ schreiber nach Garsten kam, konnte nur m Vereine mit dem Prior feststellen, daß der Abt ermordet worden war. Ob der Raub der Wertgegenstände des Abtes mit dessen Tod im Zusammenhange sich befand, ließ sich nicht beweisen, ebenso¬ wenig war der Ort, wo die entsetzliche Tat verübt wurde, zu ermitteln, denn es
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