dem Gerold ein recht anständiges Trink¬ geld zu geben, wie das auch damals üblich war, und das mußte der Gerold ogleich in Steyr verjubeln, wozu er sich vom Abte hatte beurlauben lassen und das Geldvertun im Hause seines Vaters begann, der, nach tüchtigem Zug aus dem Kruge jetzt sagte: „Ja, meine Lieben, so ist es eben, der Sohn hat Geld und der Vater darbt. Bei mir ist halt das Geld gar rar ge¬ worden, seit eure Mutter, mein gar so parsames Weib, einen Abt zum Bruder hat. Und er schlug mit der Faust auf die eichene Tischplatte, daß der Deckel am Kruge erklirrte, und fuhr sich mit der Hand durch die ungepflegten, strup¬ pigen, schon stark grauen Haare. „Und das sollt doch just umgekehrt ein, meinte Jakob der Tuchscherer, ein ebenso verwahrloster Geselle wie sein Vater, nur mit womöglich noch böserem, un¬ heimlicherem Blick, „aber es scheint mir, daß der gute Abt Leonhard II. von Garsten grad so ein Knicker ist, als es dereinst der Pater Leonhard gewesen. „Hat immer kein Geld“, sagte Gerold der Leibdiener höhnisch mit selbstgefälli¬ gem Lächeln, denn er war ein eitler Narr, „wenigstens sagt er so, bitt ich ihn um ein paar Goldfüchse.“ Aber Schmucksachen hat er doch wohl?“ frug der Meister und warf Gerold, der ihm gegenübersaß, einen lauernden Blick zu, „du, der Leibdiener des hoch¬ würdigsten Herrn Abtes, Schwagers und Vetters, mußt doch das wissen, he? Der Meister hatte die Worte in echt verwandtschaftlicher „Liebe“ und sippen¬ haftem Neid gar wohl betont. Der so Ausgeholte machte eine abwehrende Be¬ wegung. „Laßt mich in Frieden mit euren „ich Fragen“ entgegnete er unwirsch, sagte euch ja doch oft genug, darüber bin ich mir nicht im Klaren. „Oho“, fuhr der Alte auf und legte seinem Sohne die rauhe Hand derb auf die Schulter, „mach uns nur keine Flausen vor, Junge! Du lebst auch grad 103 nit wie ein Leibdiener, sondern wie der Herr selber. Du bist den ganzen Tag um ihn herum, da hört und sieht man doch gar manches!“ Die Worte waren sehr vertraulich gesprochen und des Meisters Blick bewies dem Sohne deutlich, daß der Alte die Art des Gelderwerbes seines Sprößlings recht wohl kannte. „Freilich sieht man manches beim Herrn Vetter, aber kein Geld und keine Schätze, sperrt sie wohl gut ein“, murrte Gerold und senkte seinen Blick vor den forschenden Augen des Vaters, nahm einen Schluck Wein und fügte, plötzlich o vertraulich im Ton wie der Alte, hinzu: „Geld muß er wohl haben, er hat große Einkünfte und lebt gar sparsam. Die drei sahen sich bei diesen Worten unwillkürlich fest und forschend an. „Wie wäre es, wenn wir dem Hoch¬ würdigsten das Geld etwas abzapften? fragte der Tuchscherer und blinzelte Vater und Bruder bedeutungsvoll an, „dem Alten schadete das nicht und wir wären doch wieder einige Zeit versorgt! „Hagel alle Welt“, schmunzelte Meister Werner wohlgefällig, „hätte nicht gedacht, daß in einem Tuchscherer mehr Verstand steckt als in dem Leibdiener eines Abtes von Garsten! Der Gedanke, so vermeine ich, ist nicht übel! Etwas wird wohl zu finden sein — wir hätten es nötig, sehr nötig, denn dieser Wicht von einem Wirt, der einäugige Hans, droht mit einer Schuldklage und ich sitz wohl demnächst im Hungerturm!) anstatt da mit euch! Der Stadtrichter nimmt derlei verteufelt genau und mein Herzensfreund ist er just auch nicht. Na, Gerold, was meinst du? Wär ja alles recht“ sagte der nach¬ denklich, „aber sagt mir nur, wie wir — hm! das Abzapfen tun sollen, ohne Der Alte ist von seltener Schlauheit und liest einem die guten Gedanken vom Gesichte ab. „Die Mittel und Wege hiezu sollst eben du uns schaffen“, meinte der Tuch¬ 1) Unterhalb des Tabors hinter der Apotheke, war das Gefängnis für alle Vergehen und Verbrechen.
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