8 Leiter dieser Gegenverschwörung vielmehr vor ein Kriegsgericht gestellt, welches wohl dieselben im Interesse der Disziplin verurteilte, aber zu so verhältnismäßig gelinden Strafen, daß diese weit eher als eine Gutheißung der Gegenverschwörung gelten konnten, wie denn auch das die Strafen ein klein wenig erhöhende Urteil II. Instanz einer solchen versteckten Sympathieerklärung gleichkam. In den verschiedenen Ministerkrisen, die in der Berichtsperiode in Serbien sich ereigneten kam der unkonsolidierte Zustand des neuen Kurses und seiner Regierung klar zum Ausdruck. Zunächst demissionierte am 12. August 1903 Dr. Veljkovic (Finanz), Schinkovic (Justiz) und Stojanovic (Unterricht), dann überreichte am selben Abend auch das Gesamt¬ kabinett Avakumovic seine Demission. Diese erste Krise endete mit einer Rekonstruktion des Kabinetts Avakumovic, in welchem nun kein selbständiger Radikaler mehr saß; auch der frühere Kriegsminister Atanacko¬ vic fehlte; an dessen Stelle trat Oberst So¬ larovic. Nach den am 21. September 1903 vollzogenen Skupschtinawahlen, welche ein starkes Anwachsen der selbständigen Radikalen, respektive extremradikalen Partei ergaben, übernahm nach der Einberufung der Skupschtina auf den 28. September und der verfassungsmäßig erfolg¬ ten Demission des Kabinetts Avakumovic, General Sava Gruic die Bildung eines Koa¬ litionsministeriums aus den beiden radikalen Parteien. Am 7. Dezember demissionierte der Finanzminister im Kabinett Gruic, Rado¬ vanovic, und übernahm Gruic auch das Finanzportefeuille. Am 4. Februar 1904 über¬ reichte dann das ganze Kabinett Gruic seine Demission, welches am 7. desselben Monats in rekonstruierter Form wieder die Regierung über¬ nahm. Alle radikalen politischen Gruppen waren in diesem neuen Kabinett Gruic vertreten, wobei der Minister des Aeußern, Pasic, als die eigentliche Seele des Kabinetts zu gelten hat. Im Monat Jänner 1904 beschloß die Skupschtina einhellig die Stiftung eines neuen Ordens, des „Stern Karageorgs“ zur Erinne¬ rung an den Freiheitskampf unter Karageorg 1804, und König Peter I. bestätigte diese Stif¬ tung. Am 27. Februar 1904 statt am 14. Fe¬ bruar, an welchem Tage vor 100 Jahren sich die Kämpfer gegen die brutale Gewalt der Janit¬ 93 scharen und die türkische Herrschaft im Walde nächst Oroschatz vereinigten, beging Serbien in besonders festlicher Weise die Zentennarfeier dieses Freiheitskampfes. Am 7. Oktober 1903 starb in Wien der ehe¬ malige serbische Justizminister und Vormund König Milans, Georg Zenic, im Alter von 77 Jahren. Er war einer der hervorragendsten Staatsmänner Serbiens, der Schöpfer des noch heute geltenden serbischen Strafgesetzbuches. * Am 29. Dezember 1903 beging Königin Elisabeth von Rumänien (Carmen Sylva) eine Tochter des Fürsten Hermann zu Wied — ihren 60. Geburtstag. Am 18. August 1903 wurde die Gemahlin des Thronfolgers in Rumänien eines Knaben ent¬ bunden, welcher den Namen Nikolaus Fer¬ dinand erhielt. * Die Deutung, welche man der am 23. Juli 1903 erfolgten raschen Abreise des Fürsten Fer¬ — dinand von Bulgarien aus Sophia gab sie wurde als eine Flucht betrachtet — bestätigte sich nicht, denn der Fürst kehrte am 31. August 1903 nach Bulgarien zurück. Am 5. September 1903 wurde die Sobranje aufgelöst; die im Monat November vorgenomme¬ nen Neuwahlen ergaben eine sehr starke regie¬ rungsfreundliche Majorität; es wurden 144 Re¬ gierungsfreundliche und 45 Oppositionelle ge¬ wählt. Am 5. September 1904 ertrank Finanzminister Manuschew in Euxinograd beim Baden im Meere * Am 28. August 1903 ist die Gemahlin des Prinzen Mirko von Montenegro, Prin¬ zessin Natalie — das frühere Fräulein Konstantinowitsch — von einem Knaben ent¬ bunden worden. Ende April 1904 wurde der montenegrinische Justizminister Milosch Schaulits aus nicht bekanntgewordenen Gründen verhaftet. Afrika. Es war zumindest für einen Teil Afrikas eine Epoche schlimmer Unruhen, über die wir hier in Kürze zu berichten haben: in Marokko, in den der englischen Machtsphäre unterliegenden Ge¬ bieten und in Deutsch=Afrika gab es blutige Auf¬
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