Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1905

Es war am Morgen der Abreise; Graf und Gräfin Steineck, Baron Bornheim und Helene von Hellwig nahmen ein ge¬ meinschaftliches Frühstück ein, und alle waren in der heitersten Laune. Da er¬ schien der Diener, die angekommenen Briefe zu überreichen. „O, das ist gut“ rief der Graf er¬ freut, als er sie flüchtig angesehen, 3 —42 8 u WININ 1 23 1 2 — Wu WNN 1— Senne E. „Briefe für uns alle.“ Und er reichte sei¬ nem Freunde und Fräulein Helene die ihrigen hin. „Drei für dich, Beatrice,“ fuhr er fort. „Aber von wem kann denn diese elende Zuschrift kommen?“ fragte er, einen der Briefe in schmutzigem, zerknitterten Um¬ schlag noch in der Hand haltend. „Sieh nur, er trägt den Poststempel von Eckartshausen. „Vermutlich von einem unserer alten Diener, deren mehrere noch ein kleines Jahrgeld von mir beziehen, antwor¬ tete sie. 25 Die Worte waren ruhig, fast gleichgil¬ tig gesprochen, aber die Hand zitterte und ein fahler Schatten, wie der Schatten des Todes, flog über der Gräfin Antlitz. Man erhob sich, um sich zur Abreise zu rüsten. Da trat sie rasch an ihren Gatten heran. „Otto“, bot sie, „willst du mir fünfzig Taler leihen? Ich habe be¬ reits alles Geld eingeschlossen. EE 9 5 4# 2 A * We 2 —— — 2 2 . Me 2 — 7 N M 0WV C K S WAN 1 Mr „Gern“, entgegnete er, „fünfhundert, wenn du willst.“ Und er gab seinem Weibe das Geld. Was würde er aber gesagt haben, hätte er gewußt, daß gleich darauf ein Diener dieses Geld zur Post brachte und hätte er gesehen, welche Richtung der Brief nahm, der es enthielt. * * * Es war eine genußreiche Reise für Graf Steineck und seine Gäste. Wo immer nur Schönes sich bot, wurde angehalten, und die kurzen Sommermonate eilten den

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