Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

23 Zeugmacher daselbst. Einer der letzten war Thaddäus Bellet, 804, Lange Gasse + welcher Kleiderstoffe (sog. Bakand) und Möbel¬ toffe (Felber) anfertigte. Er versandte seine Ware sogar nach dem Orient, desgleichen auch ein Sohn Josef Bellet, † 1855, welcher auch Buntpapiere machte. Dieselben wurden ver wendet zum Auskleben von Schränken, Glas¬ und Spiegelkästchen, Hut= und Haubenschachteln, für Umschläge und Einbände von Schreibdecken und Büchern und dergleichen. Im städt. Museum befinden sich von ihm zwei schöne Musterkarten dieser Buntpapiere. Er arbeitete mit Hand¬ modeln, mit welchen er auch das für Schreib¬ decken und Noten bestimmte Dapier mit Linien versah. Es gab eigene Modelmacher, welche die Holzmodeln für die Papierer und Kattun¬ drucker sowie Färber anfertigten, wie Paper, Rücker senior und Schallhofer. Josef Turek, Kattundrucker, arbeitete von 1840 bis 1867 mit Handmodeln, sowie anfänglich noch sein Sohn, ebenso Färber Mauß. Auch die Lebzelter hatten ihre eigenen Modelstecher. Dieses Ausstechen der Lebkuchen=Model er¬ orderte große Mühe, Geschick und Uebung, daher sie auch teuer bezahlt wurden. Auch waren etliche Tuchscherer in Steyr, Josef Chachnik welcher aus Preußen wie und Ignaz Domberger. kam Dosamentierer: Anton Moser (18. Jahrhundert) beschäftigte stets mehrere Gesellen. Don ihm ist noch das schöne, reich haltige Musterbuch (1790), welches sich im Museum befindet. Zur Anfertigung der einstmal so beliebten, rot gewirkten Wäscheborten gab es von 1820 an folgende Bortenmacher: Josef Buberl kam anno 1820 als Webergeselle aus Böhmen nach Steyr, errichtete daselbst das Bortenmacher¬ geschäft und arbeitete mit Handstühlen. Er brachte die alten, schönen Tupfmuster, die derzeit im städtischen Museum sind mit. Sein Sohn Franz Buberl übernahm anno 1845 dieses Geschäft; er arbeitete mit Mühlstühlen. Sein Enkel Martin Buberl folgte ihm 1865 und arbeitete bis 1870. Er machte nur Zwirnborten. Als die in den Fabriken erzeugten billigen Woll¬ borten das Geschäft zu sehr schädigten, gab er es auf. Außer diesen erzeugten diese Borten, die größtenteils nach Ungarn und Kroatien gingen, im Jahre 1848 Anna Nestlehner und Josef Buberl. Beide hatten ihr Geschäft in der Langen Gasse. Im Jahre 1857 gab es fünf Bortenmacher in Stepr. An Strumpfwirkern waren nach Pritz zu jener Zeit zwei vorhanden, später Johann Hail, † 1846. Seine Tochter heiratete Johann Schaitner, welcher ein Jahr vor dem Tode seines Schwiegervaters 1845 das Geschäft übernahm und bis 1886 auf Web¬ stühlen arbeitete. Er gab sich selbst den Tod, 197 72 Jahre alt, wegen Arbeitslosigkeit und Not. in Stepr. Er war der letzte Strumpfwirker ein Daar Im städtischen Museum befindet sich von ihm erzeugter Strümpfe. Der Spitzenstoff und die Spitzen zu den schwarzen Spitzenhauben, in Form der Linzer Hauben, die an Wochen= und gewöhnlichen Sonntagen getragen wurden (unrichtig Trauer hauben genannt), wurden in Steyr gearbeitet und von eigenen Haubenmacherinnen an gefertigt, sowie die prächtigen Goldhauben die nur zu besonderen Feier= und Festtagen, wie Hochzeiten, Taufgängen und Primizen aufgesetzt wurden. Die Goldbörtchen zu den Bibermützen und mit Flitter benähten Busentüchern wurden von eigenen Stickerinnen gemacht. Nock anfangs der r0ziger=Jahre wohnten in der Berggasse zwei alte Fräulein, die sich mit diesen Goldarbeiten ihr Brot verdienten. Kammacher. Dieses Gewerbe hat schon in alter Zeit in Steyr bestanden, wie aus einem Bilde vom Jahre 1429 zu ersehen ist, welches sich bei Herrn Franz Lang, Bürsten¬ abrikant, befindet. Auf diesem Bilde ist das Zunftwappen der Kammacher und Bürsten¬ binder dargestellt. Dieselben hatten gemeinsam einen Vorstand, weshalb sie auch zusammen ein Zunftwappen führten. Don den Kamm¬ machern nenne ich: Josef Maier im Gertl Er lernte beim Kammacher Johann Georg Rogg, gegenüber dem Kammacher Watz¬ berger in Oertl, und übernahm 1794 dessen Geschäft. Sein Sohn Michael, geboren 1805, hatte dasselbe bis 5 Jahre vor seinem Tode, Haudrich hatte sein Geschäft 1871. im jetzigen Engelwirtshaus in der Schuhboden¬ gasse. Erb war im Oertl. Im städtischen Museum ist ein ganzes Stehpult angefüllt mit deren Erzeugnissen, wie: chönen Steck= und Haarkämmen, Löffelchen einer Horndose und einer Art Haarnadeln in Form der jetzigen Bisquits, die deshalb nach diesen im Dolksmunde „Haarnadeln“ genannt wurden. Bekannte Ringmacher waren: Ferdinand ger; anno 1797 übernahm das Geschäft Doi sein Sohn Haulus. Derselbe verfertigte Ringe aus Silber und mit Hirschgrandln, sowie aus Blei, Eisen und Messing. Letztere wurden ihrer Form nach Schlangen=, Türkenbund=, Herrgotts¬ und Herzerlringe genannt. Das ehemalige Doigerhaus ist das jetzige Hermann=Schlosser¬ haus in Gertl. Blumauer senior machte auch Ringe, namentlich die sogenannten Sau chneider= und Siegelringe aus Dackfong. Ferners Roman Haller im Oertl, welcher auch Feuer¬ eiseln verfertigte. Außer dem letzteren machten die Ringmacher und Schalenschroter auch Schwamm= und Kohlenzangerln, Magneteiseln, Petschaften und Sonnenringe. Der letzte Ring macher ist Leopold Haller. Es gab auch eigene Zirkel=, Zweck¬

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