Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

„Santnerhans“ stürzte am 6. Juli beim Mähen auf der sogenannten Sommerhuber¬ leite infolge eines epileptischen Anfalles mit der Sense bergab und stach sich dieselbe in die Achsel, wobei er sich die Schlagader durchschnitt. Im Verlaufe von einer halben Stunde war Windhager eine Leiche. In Sierning feierte an diesem Tage der Seifenfabrikant Josef Lettner von Steyr mit Marie Hamann, einer Tochter des einstigen, bereits verstorbenen Arztes in Schiedlberg, seine Vermählung Dem Lehrer Edmund Huber in Reich¬ raming, welcher durch fast 23 Jahre ver¬ dienstvollst an der dortigen Schule gewirkt hatte und welcher zum Oberlehrer in Dam¬ bach ernannt worden war wurde am 7. Juli in ersterem Orte ein herzliches Abschiedsfest veranstaltet. Lehrer Huber genoß in Reich¬ raming die höchste Wertschätzung bei jung undalt. In Waldnenkirchen fand am 9. Juli die Wahl der Gemeindevorstehung statt Zum Gemeindevorsteher wurde wieder¬ gewählt: Florian Schachner, Besitzer des Pölzgutes. Zu Gemeinderäten wurden ge¬ wählt: Leopold Kaufholzer, k. k. Post¬ meister: Leopold Baumgartner, Besitzer des Söllergutes; Josef Fineder, Besitzer des Reinoldengutes und Josef Wolfs¬ schwenger, Stögermayr Am selben Tage starb der gewesene Müller und Bäckermeister am Stodermühl¬ gute in Lausa, Adalbert Dickbauer, im Alter von 69 Jahren. Der Verstorbene war Armenvater, Gemeinderat und Feuerwehr¬ mnitglied und als Wohltäter der Hilfs¬ bedürftigen allgemein verehrt. Am 10. Juli standen die Bewohner des Enns= und Steyrtales wieder vor einer eminenten Hochwassergefahr, indem in¬ olge andauernden starken Regens beide Flüsse stetig stiegen und aus ihren Ufern traten. Die tiefergelegenen Teile Steyrs, wie Zwischenbrücken, Orts= und Ennskai und an der Steyr, wurden inundiert und es erreichte der Wasserstand bereits eine beängstigende Höhe. Viele Parterre=Wohnungen, Keller, Geschäftsräume u. s. w. mußten geräumt werden. Die Arbeit in der Waffenfabrik ruhte durchaus, bis auf die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen. An den Delo¬ gierungsvorkehrungen betätigten sich die Mannschaften der beiden Freiw. Feuer¬ wehren und die städt. Sicherheitsorgane wieder in hervorragend hilfreicher Weise. Im Eysnfelde hielt auch Militär Bereitschaft wie auch die Wasserwehr der Waffenfabriks¬ euerwehr in Aktion trat. Aus dem Ober¬ laufe der Enns kam auch ziemlich viel Holz daher. Der Wasserstand am genannten Tage zeigte am Brückenkopf in Zwischen¬ brücken 5 Meter über Null. Vom Abend dieses Tages an fiel das Wasser zwar wieder 185 allmählich, doch blieb der Wasserstand noch In der einige Tage über das Normale. Umgebung Steyrs waren ebenfalls viele Stellen inundiert. Die Straße nach Nieder¬ österreich in der Kellau war überschwemmt, der Ramingbach trat aus den Ufern, auch die Unterhimmlerau und Unterhimmel standen teilweise unter Wasser, und der Verkehr der Steyrtalbahn war in der Strecke Per¬ gern—Agonitz unterbrochen. Ebenso mußten die Ortschaften des oberen Enns= und Steyr¬ tales unter dem Hochwasser leiden. Be¬ deutenden Schaden verursachte das Hoch¬ wasser im Gaflenz= und im Dürnbach. Durch das Hochwasser der kleinen Steyrling erlitt der Mühlenbesitzer Franz Sommerhuber in der Breitenau einen Schaden von 20.000 K. Auch die am Paltenbache in Molln befindliche Messereianlage der The¬ resia Adam erlitt bedeutenden Schaden, Weniger groß war der Schaden an Ver¬ kehrsobjekten und Kulturgründen. Im all¬ gemeinen war glücklicherweise der Schaden kein so bedeutender. Der Wettersturz und der Regen hatte sich über das ganze Kron¬ and und über viele Teile der Monarchie ausgebreitet; im Hochgebirge fiel überall Neuchnee. In Neuhofen starb am 10. Juli der k. k. Gerichtsadjunkt i. P. Franz Jelinek im 69. Lebensjahre. Die 40jährige, in Oberburgfried, Ge¬ meinde Kremsmünster Land, wohnhaft ge¬ wvesene Taglöhnerswitwe Anna Sperrer, vulgo Amesbergerin, stürzte sich am selben Tage in einem Irrsinnsanfalle über eine 30 Meter hohe Schotterwand nächst dem Lederhilgerschen Gasthause und blieb sofort tot. Dieselbe war zeitweise vom Irrsinn befallen gewesen. Nach kaum achttägigem Krankenlager starb am 11. Juli in Steyr der verehelichte Hausdiener der Buchdruckerei und Litho¬ graphie Emil Haas & Cie., Franz Heller im 51. Lebensjahre. Derselbe war lang¬ jähriges Mitglied des k. k. priv. Bürgerkorps und ein pflichttreuer fleißiger Arbeiter Der 32 Jahre alte, am Staudingergute zu Mühlbach im Dienste gestandene Knecht Johann Dürnberger erlag am 11. Juli einem Schleimschlage. Als man seine Leiche am 13. zu Grabe trug, verschied auch der chon längere Zeit im Krankenbette liegende Besitzer des genannten Gutes Franz Brand¬ stetter, im 61. Lebensjahre In der Ortschaft Wendbach wurde am 11. Juli am linken Ennsufer ein männ¬ licher Leichnam angeschwemmt. Derselbe wurde als der am Vortage in Weißenbach a. d. Enns bei der Zellulosefabrik Beez verunglückte Werkmaschinenführer Leander Gleich agnosziert, welcher beim Oeffnen des Wehres in den hochangeschwollenen Weißenbach gefallen und ertrunken war.

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