Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

174 „Alpenbote“ immer mehr aus. Ein begei¬ sterter Naturfreund, der er war, verwendete er seine freie Zeit mit Vorliebe zu Reisen, von welchen er mehrere größere ins Aus¬ land unternahm. Als deutschfreisinniger Mann, dem seine Ideale über alles galten gehörte er der deutsch=fortschrittlichen Partei an, welcher er mit seinem Blatte sich aufs strammste zur Verfügung stellte. Sein streng rechtlicher Sinn, sein taktvolles Auftreten in Wort und Schrift verschaffte ihm auch die Achtung seiner politischen Gegner. Nach dem Tode seines Großvaters übernahmen zwei Töchter desselben, Anna und Therese Haas, das Geschäft unter der Firma „M. Haas Erben“ worauf im Jahre 1887 die Firma in „Emil Haas & Cie.“ geändert wurde, welcher der Verblichene bis Neujahr 1900 als gütiger Chef vorstand. Infolge — andauernder Kränklichkeit er litt seit Jahren an einem Herzleiden zog er sich — zu dem genannten Zeitpunkte vom Geschäfte zurück und übergab dasselbe seinem Vetter Artur Fleischanderl, der leider im Vor¬ jahre ebenfalls viel zu früh aus dem Leben cheiden mußte — Im gesellschaftlichen Leben Steyrs nahm Emil Haas in früheren Jahren ob seiner Liebenswürdigkeit einen hervor¬ ragenden Platz ein. Als vorzüglicher zweiter Tenorist war er durch 33 Jahre ausübendes Mitglied der „Steyrer Liedertafel“ als deren Sekretär und Vorstand=Stellvertreter er schon im Jahre 1871 gewählt worden Zurücktritt des war. 1883 war er nach Vorstande der¬ Dr. Wilhelm Stigler zum selben gewählt worden, als welcher er bis Die Liedertafel 1888 verdienstvollst wirkte. ernannte Emil Haas in Würdigung seiner vielen großen Verdienste zu Neujahr 1889 auch zum Ehrenmitgliede. Ebenso war er seit 1883 Ehrenmitglied des Männergesang¬ vereines „Kränzchen“ seit 1882 der Lieder¬ tafel „Union“ in Hannover 2c. Ehrendiplome hatte er ferners vom Turnverein in Steyr 1899 und von der städt. Freiwilligen Feuer¬ wehr 1896 für 25jährige Mitgliedschaft er¬ halten; ferner war er Mitgründer der Sek¬ tion Steyr des Deutschen und Oesterreichischen sowie des Gabelsberger¬ Alpenvereines Stenographenvereines in Steyr, Mitglied des Verschönerungsvereines und vieler an¬ derer humanitärer und gemeinnütziger Ver¬ eine der Stadt. Der Verblichene stellte überhaupt gerne seine Kraft dem öffentlichen Wohle Steyrs, das seine zweite Vaterstadt geworden, zur Verfügung. So war er auch Mitglied des großen Ausstellungskomitees 1884; bei Schaffung der Pfandleihanstalt, der Steyrtalbahn, des Werndl=Monumentes, der Elektrizitätswerke, wie auch der Aktien¬ brauerei, der Rennbahn u. s. w. ließ er es an seiner Unterstützung nicht fehlen. Sein Andenken bleibt somit in weiten Kreisen ein vielfach geehrtes und gewiß auch freundlich dauerndes, denn er war einer jener Glück¬ lichen, die kaum einen Feind besessen. Das Leichenbegängnis gestaltete sich denn auch zu einer imposanten Trauerkundgebung, da an demselben viele Honoratioren, Vereine und Korporationen sowie zahlreiche Trauer¬ gäste aus allen Gesellschaftskreisen teil¬ nahmen. Der Männergesangverein „Kränz¬ chen“ sang vor dem Trauerhause, die „Steyrer Liedertafel“ am Grabe einen ergreifenden Trauerchor. Festsaale der Wiener Universität Im wurde am 30. Mai der cand. med. Rudolf Kerbl, ein geborener Kirchdorfer, zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert Unvermutet schnell starb am 31. Mai in Steyr der emer. Notar Dr. Alois Kurz im 72. Lebensjahre. Der Verblichene, ein hochgeschätzter, streng rechtlicher und be¬ liebter Mann, welcher im öffentlichen In¬ teresse stets nach besten Kräften tätig war, wurde 1831 in Reutte (Tirol) geboren. Er absolvierte die Rechtsstudien an der Univer¬ ität in Innsbruck, wo er auch die Gerichts¬ praxis zurücklegte, war dann Gerichtsadjunkt in Glurns (Vintschgau) und kam in derselben in Oberösterreich. Eigenschaft nach Haag trat er zum Nota¬ Nach Steyr übersiedelt, riat über, wurde Konzipient beim damaligen k. Notar Buberl undspäter selbst k. Notar in Grünburg. In letzterem Orte er¬ warb er sich besondere Verdienste um die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1876 und 1878 um die Gründung der Sparkasse Grünburg. Er war zur selben Zeit dort erster Gemeinderat und wurde später zum Ehrenbürger ernannt. Von dort wurde er als Notar nach Enns und dann wieder nach Steyr versetzt. 1897 resignierte er freiwillig auf das Notariat. Dr. Kurz war auch durch mehrere Perioden, von der konservativen Partei gewählt, Mitglied des Gemeinderates der Stadt Steyr, und zwar von 1888 bis 1897, in welchem Jahre er ein Mandat niederlegte und sich ganz ins Privatleben zurückzog. Er war ein großer Musik= und Kunstfreund und Mitglied sowie Förderer vieler Vereine, so des Kneipp¬ vereines, dessen Konsortiumsvorstand er war. 1848 war er als Student mit der Außerferner reiwilligen Schützenkompagnie ins Feld gezogen. Als Mitgründer des Turnvereines in Steyr erwarb er sich ebenfalls große Verdienste, wie er überhaupt ein eifriger Förderer der Turnsache war. Auch war er ein großer Wohltäter der Armen. Unter den zahlreichen Honoratioren und Vereinen, welche an dem Leichenbegängnisse teilnahmen, waren auch solche aus Grünburg erschienen. Weiters starb in Steyr am selben Tage der sehr bekannt gewesene Gastwirt Anton Kammerhofer, zuletzt Restaurateur im „Deutschen Haus“ in der Berggasse, nach langem schweren Leiden im 52. Lebensjahre.

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