Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

172 mehreren größeren Reisen ins Ausland und erwarb sich besonders während eines drei¬ monatlichen Aufenthaltes in Nordamerika reiche Kenntnisse in der maschinellen Er¬ zeugung von Gewehrbestandteilen. Karl Holub war an der Erfindung und Herstellung des ersten österreichischen Hinterladerge¬ wehres, des sogenannten Werndlgewehres, beteiligt und der Patronenzieher zu diesem Gewehrsystem war speziell seine Erfindung Am 1. August 1869, als die Bildung der österreichischen Waffenfabriks=Aktiengesell¬ schaft erfolgte, war Holub zum technischen Direktor derselben bestellt worden. Er machte sich in gleicher Weise auch um die Herstellung aller übrigen ausländischen Waffenmodelle hoch verdient, bis er im Februar 1885 wegen Meinungsdifferenzen betreffs der Leitung der zwei Jahre früher eingerichteten elektro¬ technischen Abteilung der Waffenfabrik von seiner Direktorstelle freiwillig zurücktrat, wobei er auf eine Pension verzichtete. Seinen Wohltätigkeitssinn hatte er bei jeder Gelegen¬ heit betätigt. Karl Holub war auch Mitglied des Gemeinderates, und zwar von 1882 bis 1885 und von 1887 bis 1890, wobei er sich in der Bausektion eifrig betätigte. Seiner politischen Gesinnung nach gehörte er der konservativen Partei an. Er war auch lang¬ jähriges Mitglied des Kuratoriums der k. k. Fachschule und Versuchsanstalt sowie des Verwaltungsrates der Steyrtalbahn und zwei Jahre Vorstand des hiesigen Musik¬ vereines, sowie ein eifriges Mitglied des Kirchenrestaurierungsvereines. Die ungemein großartige Beteiligung an dem Leichenbe¬ gängnisse war eine verdiente Ehrung des verstorbenen Mitbürgers dessen Andenken ehrend fortbestehen wird. Nach langem schweren Leiden verschied am selben Tage in Steyr Therese Gründler geb. Benedikt, die Gattin des Hausbesitzers und Ehrenbürgers der Stadt Steyr, Ferdinand Gründler senior, und Mutter des Gemeinderatesund Eisenhändlers Ferdinand Gründler junior, im 74. Lebens¬ jahre. Der hinterbliebene Gatte spendete aus diesem Anlasse 200 K für Armenzwecke. Am gleichen Tage wurde die 25 Jahre alte Magd vom Gasteigergute zu Breitenau bei Gaflenz, Amalia Pölzgutter, während der Arbeit in einer Schottergrube von einem Baumstocke erschlagen. Pfarrer P. Moritz Stadler in Nu߬ bach wurde am 24. Mai wegen seiner Ver¬ dienste um die Kirche, speziell um den Turm¬ bau, und die Schule zum Ehrenbürger der Gemeinde ernannt. An diesem Tage abends brannte das Braunmairgut des Oekonomen und Wasen¬ meisters Peter Stummer zu Seebach Gemeinde Spital a. Pyhrn, vollständig nieder. Es verbrannten dabei auch ein Kalb, zwei Schafe und zwei Ziegen. Die Feuer¬ wehren von Windischgarsten und Spital am Pyhrn arbeiteten am Brandplatze. Dem Schaden von zirka 5000 K stand eine Ver¬ sicherung von 12.000 K gegenüber. Die Ent¬ stehungsursache des Brandes blieb unbekannt. Den Tod in der Enns suchte und fand in geistesgestörtem Zustande in der Nacht zum 25. Mai eine geachtete Bürgersfrau der Stadt Steyr, und zwar die 50 Jahre alte Gasthausbesitzerin Marie Gupf, die Witwe nach dem vor vier Jahren verstorbenen Gemeinderate Heinrich Gupf. Infolge eines Frauenleidens litt Marie Gupf häufig an heftigem Blutandrang zum Kopfe, und in einem solchen Augenblicke machte sie ihrem Leben selbst ein Ende. Flößer, welche tags¬ darauf von Steyr ennsabwärts fuhren ahen bei Maria Winkling am linken Ufer die unglückliche Frau als Leiche hängen. Die Leiche wurde von der Leichenhalle des Steyrer Friedhofes aus unter zahlreicher Teilnahme beerdigt. Im Stieglmayrschen Gasthause in Pfarrkirchen kam an diesem Tage ein Brand zum Ausbruche, der nur durch das schnelle und besonnene Eingreifen der beiden Uhrmacher Anton und Alois Brandstetter aus Bad Hall und des Kaufmannes J. Löhnert in Pfarrkirchen gelöscht wurde Ersterer begab sich auf das steile Giebeldach, wo er einen Teil der bereits brennenden Schindeln entfernte, um dem weiteren Umsich¬ greifen des Feuers Einhalt zu tun, was ihm gelang auck Ein trauriges und ein fröhliches Ereig¬ nis folgten einander am 25. Mai im Markte Windischgarsten. Kaum war das Leichen¬ begängnis des 86jährigen Besitzers des Gschwandtnergutes zu Rading, Peter Kefer, vorüber, kam ein Hochzeitszug von 90 Hoch¬ zeitsgästen mit Musik daher. Es heirateten Besitzer des Lettnergutes Michael der Wasserbauer und die Bauerstochter Maria Lindpichler vom Prielergute „unterm Stein“ zu Pichl. Das Totenmahl und die Hochzeitsfeier fanden im selben Gasthause statt Am 26. Mai vermählte sich der Comp¬ toirist Hans Allstorfer der Bürgerlichen Aktienbrauerei in Steyr mit der Privaten Hedwig Limmer in der Pfarrkirche zu Urfahr. Der Männergesangverein „Kränz¬ chen“ dessen Mitglied Allstorfer ist, brachte den Neuvermählten vor deren Wohnung in Steyr ein Ständchen dar In der Pfarrkirche zu Aussee vermählten am selben Tage der Gasthofbesitzerssohn sich Wilhelm Redtenbacher von Kirchdorf und die Gasthofbesitzers= und Altbürger¬ meisterstochter Marie Lex von Aussee. Dieselben übernahmen den Gasthof „Zur Post“ in Kirchdorf. Das Elternpaar der Braut feierte an demselben Tage seine silberne Hochzeit.

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