Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

160 ehelichte Gasthauspächter Karl Zwettler, zuletzt Frauenstiege Nr. 6, und ehemaliger Besitzer des Gasthauses „Zu den drei Alliierten“, Stadtplatz, im 43. Lebensjahre. Am selben Tage trug man in Klaus einen alten Veteranen, den im Alter von 9 Jahren verstorbenen Taglöhner Leopold Schmeißl vulgo „Pöpoidl“, zu Grabe, der unter Radetzky gedient und gekämpft hatte. Anfangs April ernannte der Minister¬ präsident den Kanzleivorsteher Benno Lang¬ gartner zum Kanzlei=Obervorsteher des k. k. Kreisgerichtes Steyr. Der k. k. Evidenzhaltungs=Obergeometer Edmund von Hoyer in Steyr, welcher zum k. k. Evidenzhaltungs=Inspektor in der VIII. Rangsklasse für Salzburg ernannt worden war, übersiedelte in dieser Zeit nach An seine Stelle einem neuen Dienstorte. nach Steyr kam der k. k. Obergeometer Eduard Wiesler von Windischgraz. Um dieselbe Zeit ernannte der Handels¬ minister den k. k. Postverwalter Karl Harrer in Ried im Innkreise (einen geborenen Steyrer) zum Oberpostverwalter für Steyr und den k. k. Postoffizial Johann Tilp in Steyr zum Postkontrollor daselbst. Schon rüher war die Versetzung des k. k. Post¬ kontrollors Eduard Scheirl von Steyr in gleicher Eigenschaft nach Salzburg ver¬ fügt worden. Die Pfarrkirche in Lausa war in dieser Zeit einer größeren Renovierung unterzogen worden, wobei das Kirchenschiff durch einen Anbau verlängert wurde. Der neurenovierte Altar wurde anfangs April aufgestellt. Der 65 jährige Besitzer des Kleinradner¬ bauerngutes in Guntendorf Nr. 15, Georg Reingruber, erhängte sich am 2. April in der Küche seines Hauses, wo er von seiner Gattin Eva tot aufgefunden wurde. Krank¬ heit war das Motiv der traurigen Tat. Korpskommandant Erzherzog Eugen inspizierte am 4. April das k. u. k. 10. Feld¬ äger=Bataillon in Steyr und nahm hierau den für den Artilleriekasernbau in Aussicht genommenen Bauplatz auf den Posthof¬ gründen am Tabor, auf welchen die einzelnen Bauobjekte mit Stangen und Fähnchen ausgesteckt waren, sowie das projektierte Exerzierfeld in Dornach in Augenschein. Auch der Tonöfenfabrik des k. k. Hof¬ lieferanten Rudolf Sommerhuber in Steyr stattete der Erzherzog einen ehrenden Besuch ab. Schumanns großes, erhabenes Werk „Das Paradies und die Peri“ wurde am Palmsonntag den 5. April im großen Saale der Industriehalle in Steyr von der „Gesellschaft der Musikfreunde“ unter Leitung des Musikdirektors Franz Bayer mit großartigem Erfolge aufgeführt. Die herrliche Dichtung fand dabei die für eine Provinzstadt denkbar glänzendste Wiedergabe. Es waren viele Besucher von auswärts erschienen. Die Solopartien lagen in den Händen vonTherese Jurkowitsch (Sopran — Peri), Marie Petzl, Opern¬ sängerin von Linz (Alt und Mezzosopran), Alize Werndl (zweiter Sopran), Rudolf Markut, Opernsänger (Tenor) und Ed¬ mund Köstler (Baß). Der Chor bestand aus zirka 230 Mitwirkenden und rekrutierte ich aus den beiden Damenchören der Gesangsvereine „Kränzchen“ und „Lieder¬ tafel“, dem Männergesangverein „Kränz¬ chen“, dem Sängerchor der k. k. Oberreal¬ schule und anderen geschätzten Gesangs¬ kräften. Das Orchester bildeten die aus¬ übenden Mitglieder der „Gesellschaft der Musikfreunde“. In vielen mühevollen Proben, denen sich sämtliche Mitwirkende mit Eifer und Aufopferung hingaben, wurde das schwierige Werk so gut vorbereitet, daß der chönste Erfolg die Bemühungen des Musik¬ direktors Bayer und aller Mitwirkenden lohnte. An der glücklichen Durchführung des Werkes hatte selbstverständlich auch der kunstsinnige Musikvereinsvorstand Hans Millner nicht geringen Anteil. Der städtische Amtsdiener i. P. Leopold Fürst in Steyr feierte am 5. April mit seiner Gattin Julie das Fest der goldenen Hochzeit. Der bei der Firma Roemer & Cie., Papierfabriken in Nettingsdorf, als Ver¬ walter der Holzschleife in Steinbach an der Steyr angestellte Robert Lukesch feierte am 5. April sein 25jähriges Dienstjubiläum, aus welchem Anlasse ihm die Arbeiter der Holzschleife einen Fackelzug veranstalteten, an dem sich auch die Bürgergarde=Musik beteiligte. Auch sein Chef samt Gemahlin und einige Herren aus Nettingsdorf und Klaus hatten sich zur Feier eingefunden. In Nußbaumers Gasthof fand dann eine beliebte Jubilar Festtafel statt, wobei der Ehrungen war, Gegenstand zahlreicher während die Arbeiter der Fabrik bei Feßl in Steinbach von Seite ihres Chefs bewirtet wurden. Lukesch ist seit 1878 bei der Nettings¬ dorfer Papierfabrik angestellt und seit 1884 Verwalter der Steinbacher Holzschleife. Einem Lungenleiden fiel an diesem Tage in Letten die geachtete Partieführersgattin Katharina Schmidt im 38. Lebensjahre zum Opfer. In Kimmersdorf, Gemeinde Sankt Marien, brannten am selben Tage vier kleinere Häuser, und zwar die Nummern 26, 27, 28 und 36, die sogenannten „Holzhäuseln“, ab. Die Besitzer derselben, Johann Mair, Franz König, Michael Pimmelmair und Johann Fuchs erlitten einen Schaden von 6900 K, welcher größtenteils durch Versicherung gedeckt war. Am Brand¬ unglücke soll ein vierjähriger Knabe Schuld gewesen sein, welcher angeblich in einer

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