Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

154 gesprochen worden. — Eine scheußliche Blut¬ tat fand am letzten Schwurgerichtstage ihre Sühne und zwar ein Mordversuch, den in der Sylvesternacht die Sträflinge Ferdinand Otto Müller und Stephan Belohlawek an dem Gefangenaufseher Matthias Gruber in Garsten vollführten, wobei sie demselben nicht weniger als 20 Stich= und Schnitt¬ wunden, teils sehr schwerer Natur, beige¬ bracht hatten. Beide Sträflinge, welche evangelischen Glaubens sind, sind schon wiederholt vorbestraft; Müller hat wegen Raubmordes eine lebenslängliche und Belohlawek wegen Diebstahles eine fünf¬ # Hochw. Josef Siegl, Pfarrer in Garsten. jährige Kerkerstrafe abzubüßen. Sie wollten am Sylvesterabend, während die katholischen Sträflinge dem Dankgottesdienste beiwohnten, gemeinschaftlich aus der Strafanstalt ent¬ weichen, wobei sie den diensthabenden Matthias Gruber, welcher über die nicht¬ katholischen Sträflinge in der Schule Auf¬ sicht hielt, überfielen. Durch Hilferufe der anderen Sträflinge wurde ihr Vorhaben edoch vereitelt. Das Urteil lautete bei Müller auf empfindliche Strafverschärfung in der Dauer von 15 Jahren, bei Belohlawek auf weitere 10 Jahre schweren Kerkers. Aufseher Gruber, welcher in das St. Anna¬ spital nach Steyr gebracht worden war erholte sich erst nach vielwöchentlichem Krankenlager und war bei der Verhandlung noch nicht vollkommen hergestellt. Zum Pfarrer von Garsten wurde der hochw. Pfarrer Josef Siegl von Nußdorf am Attersee ernannt. Derselbe ist 1845 in Ach (Innkreis) geboren und seit 1868 Priester. Am 2. März wurde er auf seine neue Pfarre investiert und am 7. März hielt er daselbst einen Einzug, wobeiihm die Gemeinde einen recht herzlichen und feierlichen Empfang bereitete. Anläßlich der Installation und des Namensfestes des neuenPfarrers veran¬ stalteten die Feuerwehren Garsten und Sand am 18. März einen Lampionszug. Vor dem Pfarrhofe brachte die Feuer¬ wehrmusik ein Ständchen. Tags darauf erfolgte die feierliche Installation des neuen Pfarrers durch Se. Exzellenz Bischof Franz Maria Doppelbauer, welcher ein Studienkollege desselben war und mit dessen festlichem Empfange die Feier ihren Anfang nahm. Beim feierlichen Einzug in die Kirche schritt voran die Schuljugend von Garsten, Dambach, Mühl¬ bach, sodann die Feuerwehr Garsten mit Musik, die Feuerwehr Sand, daran schlossen sich die Gemeindevertretung mit Bürger¬ meister Schweinschwaller, k. k. Statthalterei¬ rat Dr. R. v. Pitner, Beamte des Straf¬ hauses, der Staatsbahn und der Post, owie weißgekleidete Mädchen und die Geistlichkeit. Der hochwürdigste Bischof hielt die Festpredigt, welcher ein feier¬ liches Hochämt mit „Te Deum“ folgte. Nach dem Hochamte erfolgte wieder der feierliche Einzug in den Pfarrhof, wo ein — Es sei Festmahl die Feier beschloß hier auch bemerkt, daß dem Bischof Doktor Doppelbauer Mitte März vom Kaiser der Titel eines Geheimen Rates verliehen worden war, welche Auszeichnung bekannt¬ lich die Ansprache Exzellenz“ begründet. Oberösterreich besaß seit über 100 Jahren keinen Bischof mehr mit dieser hohen Auszeichnung Pfarrprovisor Hochw. Josef Hugo Pösinger in Garsten kam als Provisor nach Nußdorf. Derselbe hatte sich in seiner dreijährigen Wirksamkeit als Kooperator in Garsten sehr beliebt gemacht. In den beiden Gemeinden Weyer Markt und Land war es mit Freuden begrüßt worden, als die Ernennung des dortigen Pfarrprovisors und geistlichen Rates Hochw. Georg Baumgartner zum Pfarrer von Weyer bekannt geworden war. Dessen In¬ vestierung erfolgte ebenfalls am 2. März. Pfarrer Baumgartner ist 1860 zu Steyrling geboren und seit 1884 Priester. Am 15. März fand seine feierliche Installation auf die Pfarre Weyer statt, an welcher Feierlichkeit zahlreiche Honoratioren, der Klerus, die

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