Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

136 mehr als 7 Jahren an der Wehrgraben¬ Mädchenvolksschule tätig gewesene Lehrerin Marie Ebmer, welche zur Lehrerin I. Kl. an der Mädchenvolksschule in der Berggasse ernannt worden war, an letzterer Schule ihren Dienst an. Der beliebten und tüchtigen Lehrerin wurde in der Wehrgrabenschule ein ebenfalls herzlicher Abschied bereitet. Im allgemeinen Krankenhause in Wien tarb am 24. Dezember der k. k. Rechnungs¬ Revident im Justiz=Ministerium Anton Scholz im 43. Lebensjahre. Er war ein Bruder des Sparkassesekretärs Franz Scholz und des Kaufmannes Karl Scholz in Steyr. Die Leiche wurde nach Steyr überführt und am 28. d. unter zahlreicher und ehrender Anteilnahme zur ewigen Ruhe bestattet. m 25. Dezember starb der 76jährige Schuhmacher Johann Lahner in Hitzhart bei Kremsmünster, ein äußerst frommer und braver Mann. Vom 26. bis 29. Dezember fanden im Turnsaale der Bürgerschule in Steyr Auf¬ führungen des prächtigen patriotischen Jugend = Festspieles „Aller Ehren ist Oesterreich voll“ von Lehrer August Riener durch die Zöglinge des Kaiser¬ Franz=Josef=Knabenhortes unter der eigenen Leitung des Autors statt, welche das un¬ eingeschränkte Lob der zahlreichen Besucher fanden. Die Realschuldirektorstochter Gisela Aelschker hatte hiebei den Part der „Austria“ als Sprecherin der verbindenden Worte zu den sieben Bildern übernommen. Die Aufführungen fanden am Neujahrstage noch eine Wiederholung Am 26. Dezember nahm der Schulleiter Josef Binder in Maria Laah nach mehr als 7jährigem ersprießlichen Wirken von der dortigen Schule Abschied, um seinen neuen Posten als Oberlehrer in Alkoven anzutreten. Aus diesem Anlasse wurden dem verdienstvollen Lehrer allseits, von jung und alt, die herzlichsten Sympathie¬ kundgebungen entgegengebracht. In Penzendorf starb am 27. Dezember der Hausbesitzer und Tischlermeister Georg Felbermaier im Alter von 45 Jahren. Er war seit Gründung der Feuerwehr in Wartberg Mitglied derselben und unter¬ stützendes Mitglied des Veteranenvereines, welche ihm das letzte Geleite gaben. Ein einfacher, biederer und bescheidener Bürger, aber ein Mann, der sich ein un¬ vergängliches Denkmal in den Herzen von zahllosen Armen, Notleidenden und seiner Mitbürger insbesondere gesetzt hat, verschied am 28. Dezember in Steyr mit dem Rea¬ litätenbesitzer Johann Harratzmüller. Er tand im 87. Lebensjahre. Die Liebe zu seiner Vaterstadt ließ ihn geradezu fürstliche Wohl¬ tätigkeitsakte üben, die ihn zu einem der verdientesten Männer von Steyr machten. Johann Harratzmüller hat testamentarisch der Stadt Steyr zur Erbauung eines Krankenhauses 200.000 K und zur Er¬ richtung von Pfründen für verarmte Bürger 100.000 K hinterlassen. Ferners testierte er nebst den Vermächtnissen an seine Verwandten an Legaten: Zur Errichtung von zwei Stiftungsplätzen im Waisenhause zu St. Anna und im städtischen Armenhause e 12.000 K, dem Verein der Schulfreunde in Steyr 10.000 K, den Kreuzschwestern am Berge 10.000 K, der Anstalt armer Schutz¬ kinder 10.000 K, dem kath. Gesellenverein 6000 K, der Kleinkinder=Bewahranstalt 4000 K, der städt. Freiw. Feuerwehr 4000 K, den Hausarmen von Steyr 4000 K, der Stadtpfarrkirche und der Vorstadtpfarr¬ kirche St. Michael je 400 K, dem katholischen Frauenverein in Stéyr 2000 K, dem Verein zum hl. Vinzenz von Paul 2000 K, dem . k. priv. Bürgerkorps 2000 K, den beiden Kirchen in Neustift und Kleinraming je 2000 K, der k. k. Fachschule für Eisen= und Stahl¬ industrie 1000 K, dem Reservistenverein 400 K, der Pfarrkirche in Christkindl 400 K, den Armen der Pfarre Christkindl 200 K, dem Sträflingsfürsorgeverein 200 K, jeder in Steyr bestehenden Bruderschaft je 200 K und jedem städtischen Armen separat 2 K. Johann Harratzmüller wurde am 22.Dezember 816 als Sohn des Besitzers der damaligen Klein=, nachmals Teufelsmühle, neben dem jetzigen Badhause in Steyrdorf, geboren. Seine Mutter Magdalena war eine geborene Reder. Er war seit 1844 mit Anna Eder aus Haag, N.=Oe., vermählt und übernahm im selben Jahre das Brauhaus in der Langen Gasse nach dem Tode seines Vaters Franz Harratzmüller, welcher dasselbe vom vorigen Besitzer Dorn im Jahre 1818 er¬ worben hatte. Harratzmüller führte das Brauhaus bis zum Inslebentreten der Aktien¬ brauerei=Gesellschaft. In den Sechzigerjahren war er zweimal Mitglied des Gemeinde¬ rates und seinerzeit Feldwebel bei der Bürgergarde=Artillerie in Steyr. Seit 1881 war er verwitwet und starb kinderlos, nach¬ dem ihm sein einziger Sohn schon 1853 im zartesten Alter durch den Tod entrissen wurde. — Das Leichenbegängnis gestaltete sich zu einer seltenen imposanten Trauer¬ kundgebung für den Verewigten. Es nahmen daran teil die Stadtgemeinde=Vertretung mit Herrn Bürgermeister Stigler (dieselbe widmete dem Verblichenen einen prächtigen Kranz), das k. k. priv. Bürgerkorps samt Musik, die städt. Freiw. Feuerwehr, der Veteranenverein, der Gesellenverein, die Vorstände der sonstigen mit Legaten bedachten Vereine, Korporationen und Institute sowie eine unabsehbare Menge Trauergäste aus allen Ständen, worunter viele Honoratioren zu bemerken waren. Am selben Tage verschied in Steyr nach kurzem Leiden k. k. Statthaltereirat i. R.

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