Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

und der Feuerwehr ging es bei Musikklängen um 9 Uhr vormittags zum Reservoir, wo Oberingenieur Friedrich Haluschka,der technische Leiter der Firma G. Rumpl in Wien, durch welche die Wasserleitung her¬ gestellt worden war, sowie Bürgermeister Russegger Ansprachen hielten. Nach er¬ folgter Uebergabe der Leitung an die Markt¬ vertretung und der von der Feuerwehr vorgenommenenHydrantenprobe, welche glänzend ausfiel, folgte ein Fest=Bankett in Bachbauers Gasthof, welches einen ani¬ mierten und würdigen Verlauf nahm. Bür¬ germeister Russegger, welcher sich um die Herstellung der Wasserleitung ein ganz besonderes Verdienst geschaffen, toastierte hiebei auf Se. Majestät den Kaiser, Landes¬ gerichtsrat Dr. Nußbaumer auf die Marktgemeinde und Kommune. Das Wasser¬ leitungswerk, welches tadellos funktioniert, ist ein wahrer Segen für die Marktgemeinde. Die unterhalb des sogenannten Rappoldeck entspringenden Quellen sind fachgemäß ge¬ faßt und ergaben bei den Proben während der wasserärmsten Zeit bei abnormalem trockenen Frostwetter 3·8 Liter pro Sekunde. Mittels einesGußrohrstranges von 100 Milli¬ meter Durchmesser wird das Wasser von den Quellen in das oberhalb des Kirch¬ büchlergutes gelegene Hochreservoir geleitet, welches 1500 Hektoliter faßt, wovon der Rohrstrang in den Markt führt und sich in den einzelnen Straßen verteilt. 19 Hydranten dienen für Feuerlöschzwecke und zur Straßen¬ bespritzung. Die Wasserleitung fand sofort in vielen Häusern Eingang. Die Herstellung der ganzen Leitung erforderte die Zeit von nur drei Monaten. In Grünburg wurde am selben Tage abends in der Wagenremise des Boten Dutzler der bei demselben bedienstet gewesene Knecht Alois Buchegger, 36 Jahre alt, nach Pettenbach zuständig, erhängt aufge¬ funden. Er war dem Trunke und Spiele ehr ergeben und hatte seinem Herrn Gelder unterschlagen, die er nicht mehr zurück¬ erstatten konnte. Am gleichen Tage starb der Gasthaus¬ besitzer Leopold Wimmer vulgo Bäck, in Rutzlbach, Gemeinde Steinbach a. d. Steyr, im 85. Lebensjahre. Auf die Pfarre St. Pankraz wurde an diesem Tage Kooperator Ferdinand Hiesberger von der St. Josefspfarre in Linz investiert. Derselbe hielt am 17. De¬ zember seinen Einzug in seinen neuen Pfarr¬ ort und wurde hiebei von der Gemeinde¬ vertretung und der Schule festlich empfangen. Am 4. Jänner fand dessen feierliche Instal¬ lation durch den hochw. Dechant Schinagl Windischgarsten statt. von Am 13. Dezember starb im St. Anna¬ Spitale zu Steyr der verwitwete Pfründner Michael Bimeslehner, ein langjähriges 133 Mitglied des Bürgerkorps, im Alter von 91 Jahren. Die konservative Partei in Steyr ver¬ lor am 14. Dezember durch den Tod einen ihrer treuesten und überzeugtesten Anhängen und Führer, den Gemeinderat, Bäckermeister und Hausbesitzer Georg Lintl, welcher an diesem Tage nach längerem schweren Leiden im 51. Lebensjahre verschied. Derselbe be¬ kleidete die Stellen eines Kirchenvaters Armenrates und Armenvaters, wie er auch Vorsteher der Bäckergenossenschaft, Ver¬ waltungsrat der Pfandleihanstalt und Mit¬ glied oder Förderer vieler katholischer und humanitärer Vereine war. Georg Lintl dessen hochbetagter Vater erst im Vorjahre gestorben war, war von der konservativen Partei im Jahre 1892 zum erstenmale in den Gemeinderat gewählt worden, dem er bis 1898 angehörte. Zum zweitenmale wurde er 1901 in den Gemeinderat entsendet, wo er in der Bausektion mit großer Arbeits¬ lust, Erfahrung und freimütigem Urteil eine sehr anerkennenswerte Tätigkeit entwickelte. Infolge seines ehrlichen, offenen Charakters seiner Biederkeit, seines Wohltätigkeitssinnes seiner sonstigen gesellschaftlichen Vor¬ und züge erfreute sich der Verewigte in allen Kreisen der Bevölkerung der denkbar größten Beliebtheit. Sein Hinscheiden erweckte all¬ gemeine Anteilnahme. Er hinterließ seine chmerzgebeugte Gattin, Katharina Lintl, geb. Rottach, mit welcher er 20 Jahre ver¬ mählt war, seit welcher Zeit er auch das von seinem Vater übernommene Bäckerge¬ werbe selbständig betrieb, und zwei unmündige Kinder sowie einen Bruder, den Stadtpfarrer Hochwürden Alois Lintl in Urfahr. Einen erhebenden, imposanten Anblick bot das Leichenbegängnis, an welchem unter den vielen Leidtragenden die Gemeindevertretung Vertreter sämtlicher Behörden und Aemter 2c., der Militär=Veteranenverein, beide Feuerwehren, der katholische Arbeiter= und Gesellenverein mit ihren Fahnen, die Ge¬ nossenschaft der Bäcker (mit Kranz), die Schutz= und Waisenkinder mit den ehrw. Schwestern u. s. w. teilnahmen. Den Kondukt ührte der Bruder des Verblichenen, Stadt¬ pfarrer Alois Lintl von Urfahr, mit 17 Priestern, darunter Prälat Msgr. Dürrn¬ berger. Ungezählte stille Wohltaten, die der Verewigte den Armen erwiesen, und aufrichtige Dankbarkeit, die er sich hiedurch erworben, sichern ihm ein ehrendes An¬ denken. Die hinterbliebene Familie spendete anläßlich des Todesfalles 200 K für Armen¬ zwecke. In der am selben Tage abends statt¬ gehabten Generalversammlung des Kath. Preßvereines in Steyr widmete Stadt¬ pfarrer Hochw. Strobl dem verstorbenen verdienstvollen Ausschußmitgliede und Ob¬ mannstellvertreter dieses Vereines, Georg

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