Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

114 auch an der offiziellen Bahnmeister=Jubi¬ läumsfeier, welche am 15. November in Linz zu Ehren mehrerer gleich verdienstvoller Bahn=Jubilare abgehalten wurde, mit¬ beteiligt. In Kirchdorf starb am 12. September Franz Fürlinger im Alter von 86 Jahren welcher durch viele Jahre früher Postillon dortselbst gewesen war Am selben Tage starb in Hinterstoder der Wiener Hofbaumeister und Zivilingenieur Johann Schieder der Erbauer der Wiener Börse, des Hofburgtheaters und anderer großer öffentlicher Gebäude in Wien, welcher am Eingange zu der ob ihrer reizenden Schönheit berühmten „Polsterlucke“ seit vielen Jahren eine Villa besaß und dort tets den Sommer verbrachte. Er war eine im Stodergebiete wohlbekannte und hoch¬ geachtete Persönlichkeit. Im sogenannten Steinbruchhäusel der Firma Franz Werndls Nachfolger in Unter¬ himmel geriet am 13. September in der Wohnung des Fabriksarbeiters Josef Karp eine beiderseits verputzte Pfostenverschallung durch den angebauten Sparherd in Brand. Die Feuerwehr löschte den Zimmerbrand, bevor er größeren Schaden anrichten konnte. Der in der Ortschaft Ramsau im Dürrn¬ paltengraben gelegene Kohlbarren der Gra Lambergschen Herrschaft in Steyr brannte am gleichen Tage mit 30 Hektolitern Kohle in diesem Jahre schon zum zweitenmale gänzlich nieder. In der Stadtpfarrkirche in Steyr ver¬ mählte sich am 14. September Julius Reschauer, Sohn des verstorbenen Spar¬ kassekontrollors gleichen Namens, mit The¬ resia Jägerhuber daselbst. Der in weiten Kreisen bekannte und hoch¬ geschätzte Gemeindesekretäri. P. Georg Gassner in Bad Hall feierte an diesem Tage in aller Stille seinen 80. Geburtstag. Er hat zwei Feldzüge unter Radetzky mit¬ gemacht und besitzt zwei Kriegsmedaillen, das silberne Verdienstkreuz mit der Krone, mehrere Ehrendiplome und ist Ehrenvorstand des Militärveteranen=Vereines in Bad Hall Für seine der Gemeinde geleisteten ersprie߬ lichen Dienste wurde er seinerzeit durch Widmung eines goldenen Siegelringes seitens der Gemeindevorstehung ausgezeich¬ net, sowie er auch ein Anerkennungsschreiben der k. k. Bezirkshauptmannschaft Steyr er¬ halten hatte. Der Wunsch aller Haller an einem Jubelfeste war es, der alte, gemüt¬ liche Herr Gassner möge noch recht viele Jahre im Kreise seiner Familie froh ver¬ bringen. Am selben Tage fuhr der Besitzer des Wagnerhauses Nr. 10 in Mühlgrub bei Pfarrkirchen, Johann Schoßthaler, an¬ geblich nach Linz und kehrte nicht mehr zurück. Die Leiche des Mannes wurde einige Wochen später bei Tulln von der Donau angeschwemmt aufgefunden. Er hatte in letzterer Zeit verworrene Reden geführt und dürfte daher in Sinnesverwirrung den Tod in der Donau gesucht haben. Er stand im Alter von 66 Jahren. Am 15. September starb nach mehr¬ tägigem Krankenlager in Steyr Anna Swoboda, Gattin des k. k. Finanzwache¬ Respizienten i. P. und Hausbesitzers Johann Swoboda, im Alter von 24 Jahren. Sie war erst drei Jahre mit ihrem bereits 73 Jahre alten Gatten verheiratet und hatte in einem Anfalle von Sinnesverwirrung aus Lebens¬ überdruß sich mit Phosphor vergiftet In Molln starb am selben Tage der Hausbesitzer und Messerheftdrechsler Karl Gaißbachgrabner in seinem 68. Lebens¬ jahre. Als alter, wackerer Kriegsveteran, welcher in den Kriegsjahren 1859 und 1866 in Italien tapfer focht, war er Mitglied des dortigen Militärveteranen=Vereines ge¬ wesen, welcher ihm auch das letzte Geleite gab. Zu seinen Ehren wurden beim Begräb¬ nisse drei Pöllerschüsse abgefeuert. Am 16. September begann an den Volks¬ und Bürgerschulen in Steyr das neue Schul¬ jahr 1902/03 mit den üblichen Gottesdiensten Die Realschule hielt das Heiligengeistamt am 18. d. M. In Sierning verschied am 16. Sep¬ tember plötzlich infolge Schlagflusses der geachtete Gasthausbesitzer Josef Mayr¬ hofer, als er eben im Begriffe war, nach Steyr zu fahren. Derselbe erwarb sich viele Verdienste um das dortige Schützenkorps und die Wirtsgenossenschaft, wie er auch als Straßenkommissär sehr tüchtig war. In der Pfarrkirche zu Gleink feierte am 17. September der neugeweihte Priester Hochw. Josef Obermüller seine Primiz Aus diesem Anlasse war Gleink festlich ge¬ schmückt und am Vorabend veranstaltete die dortige Freiwillige Feuerwehr einen Fackel¬ zug mit Musik. Die Feier verlief unter zahl¬ reicher Beteiligung der Bevölkerung und der Honoratioren sowie von 18 Priestern und Alumnen und der Familienangehörigen des jungen Priesters, weiters der Feuerwehr mit ihrer Musikkapelle und vieler wei߬ gekleideter Mädchen äußerst würdevoll. Die Primizpredigt hielt der hochw. Pfarrer Anton Gebauer von Wolfern. Am 18. September unternahm die Liedertafel von Bad Hall, welcher sich auch Freunde des Vereines anschlossen (etwa 40 Personen), einen zweitägigen Sänger¬ ausflug nach Passau zum Besuche der dortigen Liedertafel. Die Haller Sänger mit ihrem Vorstand Moritz Mitter wurden in Passau auf das herzlichste empfangen und verlebten dortselbst im Kreise der reichs¬ deutschen Sangesbrüder (Vorstand Professor Krauß) angenehme, heitere Stunden, ge¬

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