den Schutt wegschaffen zu lassen. Auch möge der Vogt den hie und da und sehr weit von einander ab lebenden Siedlern bekanntgeben, daß er, Graf Ottokar, nun Herr sei hier im Land und er es gerne sehen würde wenn die Leute, so die Art ihres Erwerbes es gestattete, sich um die neue Burg herum seßhaft machten, wofür er ihnen seinen Schutz hiemit ernstlich zusage. Und als Graf Ottokar wieder abritt von Sirnicha und er den Barschalk Erich ehrerbietig, die Mütze in der Hand, grüßend beim Haupttore an der Umfassungsmauer des Meierhofes stehen sah, schien ihm plötzlich etwas in den Sinn zu kommen Er hielt sein Pferd an und sagte in seiner leutseligen Art zum Barschalk: „Gut, daß ich dich noch treff' vor meinem Wegritt, Freund Erich! Es tut mir leid, daß ich den Jans und die Seinen da droben aus ihrer Heimstatt nun vertreiben muß! Sag' ihm das und auch, daß er sich nicht kränkt darob. Der Vogt wird ihn einstweilen hier in Sirnicha unter¬ bringen und dafür sorgen, daß die so wackeren Leute nicht Not leiden. Und will der Jans in meine Dienste treten, kann er dereinst Burgvogt sein in der neuen Burg da droben an der Steyr!“ Und mit freundlicher Handbewegung gegen den Barschalk war Graf Ottokar weggeritten. dann Jetzt aber kam wieder Leben hinauf in die wüste Stätte am Dreieck zwischen der Enns und Steyr. Der sichere Blick des Baumeisters, den Graf Ottokar hergesandt, hatte gleich die vorteilhafte Lage des Platzes zur Anlage einer Burg erkannt. „Da, sagte er seinen Leuten und deutete die Stellen an, „da ziehen wir einen festen Wall aus Ziegeln und hartem Gestein, das Wohnhaus dachen wir ge¬ hörig ein und dieser viereckige Turm da vorne wird wieder hochgebaut und mag der Wartturm sein und das Wahrzeichen der neuen Burg!“ Geschäftig regten sich die fleißigen Hände der Werkleute, die mit Lust und Liebe nun an den Bau schritten, und bald erstand aus den Ruinen eine neue, feste 107 Burg, schier unbezwinglich durch seine Lage und die Art seines Baues. Um den Berg herum aber siedelten sich Ottokars Mannen an und zu ihnen gesellten sich die bislang zerstreut wohnenden Siedler des Gaues die Handwerker, die Kaufleute und auch freie Ackerbauern, und zwei Jahre darnach, nachdem Ottokar*) zu Gast beim alten Jans droben war gewesen in dem alten Gemäuer, sah die neue Burg schutzverheißend hinein ins Land und trutzig hinab an die Grenze des Ungar¬ landes gen Melk. Wohl war die Siedelung herum noch klein, aber schon hielten hier die Handels¬ leute an und brachten Erz heraus aus der grünen Steiermark und allerlei Waren herab aus Bayern, es rauchten die Essen und schwer fielen die riesigen Hämmer nieder auf das glühende Eisen am Ambos daß es lustig hinaufschallte aufwärts die Steyr und die Luft erzitterte von dem mächtigen, friedlichen Gedröhn, und eine Mühle peitschte mit ihrem Schaufelrad die hier sich vereinigenden Wasser der Enns und Steyr.“ Da kam Graf Ottokar wieder nach Sierning, nicht zur Jagd, sondern mit zahlreichem, eisenbepanzertem Gefolge und großem Troß. Hier begrüßte Erich seinen Herrn, nimmer als Barschalk, sondern als Vogt von Sirnicha, der er kürzlich ge¬ worden, als sein Vorgänger als Hofmeister in die neue Burg gezogen war. Den Imbiß, den Graf Ottokar in der Wohnung des neuen Vogtes von Sirnicha nahm, tischte dessen Schwiegertochter auf, und Ottokar war nicht wenig erfreut darüber, was für ein schmuckes, ruhiges und sorgliches Hausmütterchen Jans wilde Lisbeth in der kurzen Zeit geworden war, und meinte scherzend zu Erich: „Hast zum Erküren einer Schwieger¬ tochter fürwahr einen vortrefflichen Blick gehabt, willigte mit Freuden ein in die Ehe zwischen der Lisbeth und deinem *) Ottokar III. starb 991 oder 993 zu Rom. Die Gründung der Burg Steyr wird um das Jahr 960 angesetzt was richtig sein dürfte, denn im Jahre 980 wird sie das erstemal urkundlich genannt, muß daher in diesem Jahre schon vollendet gewesen sein. **) Die heutige Michaelermühle.
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