80 rationen, für den hegemonischen Drang der Slaven im Süden wie im Norden des Staates, rei für das Gefühl, daß Deutschtum und Ver¬ assung für lange Zeit niedergerungen seien bis der Sechsundsechziger=Krieg das Schicksal der Beleredi'schen Sistierungsära besiegelte. Darauf folgte Beust, die Dezemberverfassung, der Aus¬ gleich mit Ungarn. Belcredi verschwand von der Bildfläche, um erst nach Jahren wieder aufzu¬ tauchen als Präsident des Verwaltungsgerichts¬ hofes und durch eine glänzende Tätigkeit in diesem Amte, durch eine echt moderne und kon¬ titutionelle Auffassung seines Richteramtes zu ühnen, was er einst gegen den Geist der Kon¬ titution begangen hatte. Am 12. Februar 1823 in Jugrowitz in Mähren geboren, studierte Graf Richard Belcredi in Prag Jus; 1861 wurde er unter Schmerling provisorischer Leiter der Lan¬ desbehörde und 1862 Landeschef in Schlesien. Der schlesische Großgrundbesitz entsandte ihn in den Landtag, dieser in den Reichsrat. Hier wurde er Führer des Feudaladels. 1864 sehen wir ihn als Statthalter in Böhmen. Nun sandte ihn der böhmische Großgrundbesitz in Landtag und Reichsrat, wo er sich wieder dem Zentrum an¬ schloß. Hier trat er für den staatsrechtlichen Standpunkt der Tschechen ein. Am 27. Juni 1865 — wurde nach dem Sturze SchmerlingsBeleredi Staatsminister. Der Reichsrat wurde feierlich geschlossen, der gewesene Vorsitzende des Ministerrates Erzherzog Rainer ging auf Reisen. Nun erschien das Patent vom 20. September 1865 und die Verfassung war sistiert. Beleredi kam damit, daß er sich auf Tschechen und Feudal¬ adel stützte, mit den Ungarn in Konflikt. Am 5. Mai 1866 folgte die Suspendierung der Bankakte, wodurch die Emission von Staats¬ noten ermöglicht wurde, zu welcher das Sistierungsministerium greifen mußte, da das Parlament nicht fungierte und eine Anleihe in Paris gescheitert war und doch der Krieg mit Preußen in Sicht stand. Mit Patent vom 1. Jänner 1867 wurde, nach dem unglücklichen Verlaufe des Krieges der Reichsrat zur Lösung der staatsrechtlichen Fragen einberufen, da aber die Verhandlungen mit Ungarn günstig verliefen, kam das Patent nicht zur Ausführung. Beleredi demissionierte, wurde am 9. Februar 1867 seines Amtes enthoben und zog sich ins Privatleben Jahres 1881 wurde 205 zurück. Im Laufe des Belcredi Präsident des Verwaltungsgerichts¬ hofes; am 17. August 1895 trat er in den bleibenden Ruhestand. Am 3. Dezember 1902 starb in Brünnder blinde Dichter Hieronymus Lorm (rekte Dr. Heinrich Landesmann. Er war am 9. August 1821 in Nikolsburg als der Sohn eines Kaufmannes geboren worden und verlor mit fünfzehn Jahren Gesicht und Gehör und wurde auch teilweise gelähmt. Trotz¬ dem war er ein Dichter von großer Fruchtbar¬ keit; zahlreiche Romane, Novellen, Dramen ent¬ Am 10. Dezember stammen seiner Feder. 1902 starb in Wien der zu Dresden im Jahre 1836 geborene pensionierte Hofschauspieler Her¬ mann Schöne. Er wurde 1863 an das Burg¬ theater engagiert, erhielt 1868 das Dekret als Hofschauspieler und zog sich in der Saison 1899 bis 1900 von der Bühne zurück, an der er zuerst als Naturbursche, dann als Komiker gewirkt hatte. Am 22. Dezember 1902 starb zu Graz der berühmte Psychiater Hofrat Freiherr v. Krafft¬ Ebing. Er war am 14. August 1840 zu Mannheim geboren, kam im Jahre 1889 als Professor an die Wiener Universität, woselbst er auch als Vorstand der psychiatrischen Klinik wirkte bis er sich im Frühjahre 1902 wegen erschütterter Gesundheit von seiner Lehrtätigkeit zurückzog. Am 25. Dezember 1902 starb in Wien der Bild¬ hauer Robert Weigl. Er war am 16. Oktober 1851 in Wien geboren und genoß als Künstler mit Recht einen guten Ruf. Eines seiner besten Werke war seine Beethoven=Statue, welche bei ihrer im Künstlerhause im Frühjahre 1902 er¬ olgten Ausstellung durch ihre schlichte mensch¬ lich natürliche und dabei charakteristische Auf¬ fassung einen wohltätigen Gegensatz bildete zu dem gleichzeitig in der Sezession zur Ausstellung gelangten pompösen kunstgewerblichen Klinger¬ Am 12. Jänner 1903 ver¬ chen Beethoven. — chied in Prag der im Jahre 1853 zu Bayreuth geborene Professor Max Sänger, einer der hervorragendsten Vertreter der modernen Gynä¬ kologie. — Am 19. Februar 1903 verschied in Görz der außerordentliche Gesandte und bevoll¬ mächtigte Minister Karl Ritter v. Scherzer. Am 1. Mai 1821 geboren, hat sich Scherzer große Verdienste erworben als Chef der wissenschaft¬ lichen Kommission der Weltumseglungs¬ reiseder „Novara“ in den Jahren 1856 ff. Er hat sich später auch handelspolitisch und diplo¬ — Am matisch wiederholt mit Erfolg betätigt. 22. Februar 1903 starb in der niederösterreichi¬ schen Landes=Irrenanstalt der am 13. März 1860 zu Windischgrätz in Steiermark geborene Lieder¬ komponist Hugo Wolf. Seine Kompositionen gehörten der modernen Richtung an und fanden ebensoviele Freunde als Gegner. Die Hugo Wolf=Vereine haben den Komponisten erst zur Geltung gebracht, oder, wie der technische Aus¬ druck lautet, „gemacht“. Die Oper „Der Cor¬ Verstorbenen. regidor“ ist ein Werk des Am 25. Februar 1903 verschied zu Wien der Landschafts= und Tiermaler Ed¬ mund Mahlknecht. Er wär am 12. No¬ vember 1820 in Wien geboren. Wie ein fester Markstein aus jener Kunstepoche, welche aus der prä=francisco=josefinischen Zeit in diese hinübergegriffen hat, und den ersten Regierungs¬ jahren Franz Josef I. ihre künstlerische Signatur gegeben hat, ragte Mahlknecht in die Gegen¬ wart herein; durch seine Bilder wehte ein Zug Gauermann'scher Naturpoesie und treuherziger Gemütlichkeit. Mit ihm schied ein Stück der guten alten Zeit, oder besser ein gutes Stück der alten Am 3. März 1903 starb in Zeit von hinnen. —
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