Steyrer Geschäfts- und Unterhaltungskalender 1904

76 Inn das 700jährige Jubiläum ihrer Erhebung zur Stadt. Braunau war im Jahre 1203 vom Herzog Ludwig von Bayern zur Stadt erhoben worden. Die Hauptfeierlichkeit fand am 30. Juni 1903 in Gegenwart des Kaisers statt. Am 28. Juni 1903 feierte die Tiroler Stadt Hall am Inn ihr 600jähriges Stadt=Jubiläum. Am 3. Juli 1303 hatte Herzog Otto von Kärnten¬ Tirol, der Sohn Meinhards von Görz, Hall zur Stadt erhoben und mit allen erforderlichen Pri¬ — vilegien ausgestattet. Anläßlich der Jubel¬ feier des vor 400 Jahren erfolgten Anheimfalles der Grafschaft Görz an das Haus Oesterreich war beschlossen worden, dem ersten Landesfürsten aus dem Hause Habsburg, Kaiser Maximilian I., in Cormons, welche Stadt bereits drei Jahre vor der übrigen Grafschaft unter das habsburgi¬ che Szepter gekommen war ein Denkmal zu er¬ richten. Das eherne Standbild des letzten Ritters das von dem Wiener Bildhauer Hofmann von Aspernburg modelliert worden war wurde nun obigem Beschlusse gemäß am 14. Juni 1903 auf den Piazza Tumano in Cormons enthüllt. Damit ist der Uebergang auf das Gebiet der Kunst gegeben, auf welchem sich auch in der Be¬ richtsperiode manches ereignete, das der Aufzeich¬ nung wert ist. Im September 1902 wurde der neue monumen¬ tale Minerva=Brunnen vor dem Parla¬ mente in Wien enthüllt und zugleich in Tätigkeit gesetzt. Das Parlamentsgebäude hat damit seinen schönsten und glänzendsten plastischen Schmuck er¬ halten. Der nach den Entwürfen Hansens ausgeführte Brunnen zeigt uns auf einer frei aus dem unteren mächtigen architektonischen Aufbau aufstrebenden Postamentsäule (Stele) die hoheitsvolle Gestalt der Minerva; am Fuße der Stele erblickt man zwei sitzende allegorische Gestalten, darstellend links die ausübende, rechts die gesetzgebende Gewalt. Der untere architek¬ tonische Aufbau trägt in zwei Gruppen vier symbolische Flußgestalten, gegen das Parlaments¬ gebäude zu: Elbe und Moldau, gegen die Ring¬ traße zu: Donau und Inn personifizierend. Zwischen diesen Flußgruppen sehen wir rechts und links leicht bewegte Gruppen von mit Del¬ phinen spielenden Kindern. Das zwischen diesen Gruppen hervorquellende Wasser ergießt sich in Die zwei von Tritonen getragene Muscheln. figuralen Arbeiten des Brunnens sind in Laaser Marmor, das Postament und die Brunnenschale aus Mauthausener Granit. An dem künstlerisch¬ figuralen Teile des Monumentalbrunnens haben sich die Bildhauer Prof. Karl Kundmann, Prof. Josef Tautenhayn und Hugo Härdtl beteiligt. Prof. Kundmann schuf die Hauptfigur: Minerva (Pallas Athene) und die rückwärtige Flußgruppe: Elbe=Moldau; Prof. Tautenhayn die beiden Seitenfiguren: gesetzge¬ bende und ausübende Gewalt: Hugo Härdtl aber die vordere Flußgruppe: Donau=Inn, die Kinder¬ gruppen mit Delphinen, die zwei Wasserausläufe zwischen diesen Gruppen, die zwei muscheltragen¬ den Tritonen und endlich die Stele mit Kapitäl zur Hauptfigur. Ein von Prof. Hermann Klotz ausgeführ¬ tes Kaiserin Elisabeth=Denkmal für Meran wurde im April 1903 im Valerie=Garten in Untermais enthüllt. Es stellt die Kaiserin in einfacher Toilette auf einem Gartenstuhl, wie sie in Meran üblich sind, sitzend dar; sie hält zwischen ihren Händen einen Band Gedichte von Heinrich Heine, ihrem Lieblings¬ dichter; der Blick der Kaiserin, die in ihrer be¬ zwingenden Natürlichkeit und Noblesse erscheint, ist sinnend in die Tiroler Berge, über die ihr Fuß so gerne geschritten, gerichtet. Die Figur ist aus Laaser Marmor gefertigt; auf dem Sockel ist bloß der Name „Elisabeth“ zu lesen. Monate wurde auch ein Im gleichen Kaiserin Elisabeth=Denkmal in Linz, und zwar am Landhaus, enthüllt. Das Denkmal, welches von dem Wiener Bildhauer Hans Rathausky geschaffen wurde, ist in Epitaphform gehalten. Die in Lebensgröße aus¬ geführte Büste der Kaiserin ist von einer Rosen¬ quirlande umgeben, während unterhalb der Büste zwei Engelfiguren angebracht sind von denen die eine die Büste bekränzt, während die andere auf die unterhalb der Büste angebrachte Inschrift deutet. Unterhalb der Engelgruppe sind die beiden Hauswappen von Oesterreich und Bayern ange¬ bracht. Am 30. August 1902 wurde in Radkersburg Steiermark) ein Kaiser Josef=Denk¬ mal und am 21. Juni 1903 die dem Dichter Josef Scheffel in dem großen Burghofe der Ruine Aggstein (Wachau in Niederösterreich) von der Wiener Scheffel=Gemeinde errichtete Gedenk¬ tafel feierlich enthüllt. Die Scheffel=Gedenktafel ein Werk des Bildhauers Theodor Stundl ist in Bronze ausgeführt und trägt das wohlgetroffene, realistisch behandelte Bildnis des Dichters des „Ekkehard“ und des „Trompeters von Säkkingen“. Am 7. Mai 1903 wurde am Wiener Zentral¬ friedhofe das Grabdenkmal Johannes Brahms ein Werk der Wiener Bildhauerin Ilse enthüllt. In dem in Marmor aus¬ Conrat — geführten Werke ist folgender Gedanke zum Aus¬ druck gelangt: „Die Muse trägt die ausge¬ klungene Leier wie ein Heiligtum gegen den Himmel, gleichsam als wollte sie das köstliche Kleinod der Gottheit zurückstellen. Ein Schleier weht von der Leier herab; es ist die unsterb¬ liche Musik des Meisters, die unter uns fortlebt! Der Jüngling drückt den Schleier an seine Lippen und bringt das tönende Vermächtnis der Mensch¬ heit hinunter zum Trost!“ Am 1. Juli 1903 fand in der Stadt Baden bei Wien die feierliche Weihe eines neuen, der berühmten Bäderstadt würdigen monumentalen Brunnens statt. Der von dem Wiener Bildhauer Josef Kassin modellierte Brunnen lehnt sich an die Fouqué'sche Märchendichtung „Undine“ und bringt die Katastrophe derselben in freier Er¬

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